Tugend, Sex, Askese

Das Museum für Ostasiatische Kunst widmet sich dem Thema Leidenschaften

Ein im Stillen funkelndes Juwel ist das Museum für Ostasiatische Kunst (MOK). Trotz seiner attraktiven Architektur und Uferlage am Aachener Weiher kennt man eher das Café als die einzigartige Sammlung. Auch wenn es vor allem Kunstzeugnisse der Vergangenheit aus Korea, Japan und China präsentiert, so ist das MOK zugleich ein Museum der Zukunft. Exemplarisch sichtbar wird dies mit der aktuellen Ausstellung »Leidenschaften in der Kunst Ostasiens«.

 

Darin geht es um positiv verstandene Passionen: um Alltag und Spiritualität, Natur und Künste, Sinnen- und Spielfreude, um leidenschaftliche Askese. Fast vollständig speist sich diese so schöne wie informative Schau aus den eigenen reichen Beständen, verzichtet beinahe ganz auf oft kostspielige Leihgaben und zeigt stattdessen Werke aus eigenem Besitz in neuen Zusammenhängen. Alte Meister, neue Details, kluge Präsentation des Vorhandenen und weitsichtige Bestandspflege — das ist die zukunftsweisende Strategie des MOK in Zeiten knapper Kassen.

 

So gibt es in der Ausstellung manches Wiedersehen, etwa mit der magisch-stillen Portraitplastik des Priesters Eison aus dem 16. Jahrhundert im letzten der fünf Themenbereiche, der »Buddhismus und die Befreiung von allen Leidenschaften« überschrieben ist. Ein introvertierter Ausklang, der von der endgültigen, auch kämpferischen Überwindung aller Begierden dank hilfreicher Götter, von Meditation und Askese handelt. Dem voraus gehen zwei prachtvolle Kapitel zu höchst irdischen Leidenschaften und Vergnügen. Reisen und Speisen sind dabei, aber auch »Duftwettspiel« und prächtige Feste. Liebesleid und -leidenschaften fehlen natürlich nicht. Diskret in einem Vorhangkabinett gibt es Kostproben raffiniert-kunstvoller Erotika zu sehen. Manches davon ist schon länger im Haus, blieb bislang aber im Magazin verborgen, anderes wie einige unverblümte Werke des japanischen »Shunga« wurde aus Privatsammlungen ergänzt.

 

Zwischen Himmel und Erde gespannt ist der Anfang: Hier begegnet man chinesischen Landschaften, die von der Sehnsucht nach Freiheit und dem Einswerden mit einer kosmisch verstandenen Natur handeln. Kaligraphische und symbolische Werke, mitunter befremdliche Darstellungen künden mit leidenschaftlicher Kühle von konfuzianischer Moral und mustergültiger Ergebenheit. Nur vier Zeichen braucht Chô Tôsai für die Maxime: »Die Tugend hoch halten/sich an den Künsten erfreuen.«

 

Museum für Ostasiatische Kunst, Universitätsstr. 100, Di bis So 11–17, jeden 1. Do des Monats 11–22 Uhr, bis 20.1.2017