Von Lastern umkurvt: Rheinlandhalle auf dem Heliosgelände | Foto: Dörthe Boxberg

Die ungeliebte Kusszone

Die Verkehrsplanung am Heliosgelände enttäuscht die Ehrenfelder

 

Hawe Möllmann sitzt unweit des Ortes, der ihn seit nunmehr sieben Jahren umtreibt: das Heliosgelände in Ehrenfeld. Auf dem sollte eigentlich heute eine wuchtige Shopping Mall stehen. Dass es anders kam, liegt vor allem an der Bürgerinitiative Helios, deren Sprecher Möllmann ist. Als 2010 die Pläne von Investoren unter Führung des Bauunternehmers Paul Bauwens-Adenuaer bekannt wurden, auf dem vier Hektar großen Areal ein Einkaufszentrum zu errichten, begannen nach einem Bericht der StadtRevue die Proteste.  Schließlich trotzte man der Stadt eine umfassende Bürgerbeteiligung ab. So wird es auf dem Helios-Gelände anstelle der Shopping Mall nun Bildungs- und Kultureinrichtungen, Wohnungen  und Gewerbe geben. Dabei wird auch eine »Inklusive Universitätsschule« entstehen, die das Schuldezernat damals vorschlug, als die Shopping-Mall-Pläne nicht mehr zu halten waren. »Manchmal müssen wir uns daran erinnern, was wir schon erreicht haben«, sagt Möllmann.

 

Das müssen sie auch deshalb, weil sich ihre Gegenwart zäh gestaltet. Zwar herrscht über die inhaltliche wie architektonische Gestaltung der Heliosschule mit angestrebtem Baubeginn 2018 weitestgehende Einigkeit und Klarheit. Nicht aber über das restliche Gelände. In den vergangenen Monaten kamen die Planungen der Stadt kaum voran, zumindest nicht öffentlich. Ein Bürgergespräch, zu dem Ehrenfelds Bezirksbürgermeister Josef Wirges (SPD) Ende Oktober einlud, änderte das: Es war der Startschuss für die eventuell finale Phase des Projekts. Die aber könnte brisant werden.

 

Die Ehrenfelder sind mit den aktuellen Entwürfen unzufrieden, die nun in einem Bebauungsplan-Verfahren stecken, dessen Ergebnisse die verbindliche Grundlage für die Zukunft darstellen. »Ich dachte, wir seien näher beieinander«, sagt Möllmann zu den Planungen. Im März und August hatten jeweils nicht-öffentliche Workshops stattgefunden, bei denen sich noch einmal alle Interessengruppen, Eigentümer genauso wie Verwaltung, Politik und Bürger, einbrachten. Die Zusammenkünfte seien vielversprechend gewesen, so Möllmann. Heute würde er wohl sagen: viel versprechend, wenig davon haltend.
»Unser Hauptkritikpunkt ist der Verkehr«, so der BI-Sprecher. In einem »Helios-Kodex« hatten die Ehrenfelder 2012 Ziele für die Bauleitplanung formuliert. Darin stand unter anderem, die innere Erschließung des Geländes solle »weitgehend autofrei« bleiben und die Heliosstraße an der Nordflanke ein Shared Space — ein gleichberechtigter Raum aller Verkehrsteilnehmer — werden. »Für uns sind die bisherigen Pläne zu sehr vom Auto aus gedacht«, sagt Möllmann. Kritisch sieht er die geplante »Kiss and Ride«-Zone für die neue Heliosschule an der Vogelsanger Straße, noch kritischer den Zulieferverkehr für die Gewerbetreibenden auf dem Gelände. Laster, die die zentral gelegene Rheinlandhalle auf einer Fahrgasse komplett umkurven, seien unvereinbar mit »öffentlichen Freiräumen mit hoher Aufenthaltsqualität«. Den aber fordert der Helios-Kodex. Auch die Idee vom Shared Space auf der Heliosstraße sei nicht konsequent berücksichtigt.

 

Christian Heuchel vom Architekturbüro Ortner & Ortner, das mit den Landschaftsarchitekten FSWLA die Pläne vorlegte, ist anderer Meinung: »Wir sind den Kodex durchgegangen, wir haben ihn eingehalten.« Es benötige nur noch »Feinjustierungen«. Auch Anne-Luise Müller, Leiterin des Stadtplanungsamts, sieht die Entwürfe »auf einem guten Weg«. Sie sagt: »Wir haben vieles erfasst, vieles geändert.« Müller gibt aber auch zu verstehen: »Es wird keine Einigung geben, bei der eine Seite zu hundert Prozent bei ihren Forderung bleiben kann.« So seien etwa bestehende Mietverträge mit den Gewerbetreibenden, die einen Zulieferverkehr gewährleisten müssen, verbindlich. »Es bleibt ein Abwägungsprozess«, sagt Müller. »So funktioniert Stadt nun einmal.« Vermutlich im Februar 2017 werde man in einem weiteren Bürgergespräch eine neuerliche Überar­beitung anbieten. »Für uns wird das eine Überraschung«, sagt BI-Sprecher Möllmann gespannt — und nicht mehr vollends opti­mistisch. »95 Prozent des Weges sind geschafft«, glaubt hingegen Architekt Heuchel von Ortner & Ortner, der den Schwerlastverkehr als Knackpunkt bewertet. Die ­verbleibenden fünf Prozent macht das allerdings nicht weniger mühsam.