Mehr Blech als recht — PKW in die Parkhäuser, mehr Platz für Fußgänger, Foto: Manfred Wegener

Park and Streit

In der Innenstadt sollen demnächst keine Autos mehr an den Straßen parken

Selten sorgen Bezirkspolitiker für solchen Wirbel. Grüne, Linke und Deine Freunde beschlossen im November in der Bezirksvertretung Innenstadt, sämtliche 1400 Parkplätze in den Straßen der Innenstadt abzuschaffen — zehn Prozent jedes Jahr. Wer mit dem Auto einkaufen fährt oder Konzerte und Museen besucht, soll Parkhäuser nutzen. Auch das Anwohnerparken wird »nach und nach in die umliegenden Parkhäuser verlagert«, heißt es im Beschluss — zugunsten von Fußgängern und Radfahrern. Derzeit blockieren parkende Autos einen erheblichen Teil des öffentlichen Raums.

 

»Die City ist völlig verstopft«, rechtfertigt Andreas Hupke (Grüne), Bezirksbürgermeister der Innenstadt, den Beschluss. »Der Verkehr nimmt hier apokalyptische Ausmaße an.« Wer Köln besuche, solle ins Parkhaus fahren. »Und in der Innenstadt wohnen und einen Parkplatz vor der Tür haben — das geht nicht mehr.«

 

Vom Rheinufer bis Rudolfplatz und Friesenplatz, außerdem im Friesenviertel, Gerling-Quartier und rund um Sankt Gereon sollen letztlich nur noch Stellplätze für behinderte Menschen erhalten bleiben. Alle anderen sollen ihre Autos in den zwei Dutzend Parkhäusern abstellen, alle 300 Meter gibt es schon eines. Rund  11.200 Stellplätze sind in den Parkhäusern vorhanden, doch nur 50 bis 70 Prozent werden durchschnittlich genutzt. Selbst wenn alle Parkplätze an den Straßen entfielen, wären die Parkhäuser erst zu gut 80 Prozent ausgelastet.

 

»Mit dem Beschluss nimmt die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu«, sagt Michael Weisenstein, verkehrspolitischer Sprecher der Linken im Rat. »Der ruhende Verkehr ist auch ein stadtästhetisches Problem.« Zudem nähmen die Suchverkehre ab, wenn alle sofort ins Parkhaus führen. Denn selbst wer einen Bewohnerparkausweis besitzt, muss lange nach einem Parkplatz suchen und kann nicht sicher sein, einen zu finden. Die Stadt gibt rund die Hälfte mehr Bescheinigungen aus als es Parkplätze gibt.

 

Ein Stellplatz im Parkhaus wäre zwar immer garantiert, aber auch erheblich teurer, die Mieten liegen bei weit über hundert Euro im Monat. Für einen Bewohnerparkausweis zahlt man bloß 30 Euro. Weisenstein schlägt vor, die Stadt könne als Großmieter gegenüber Parkhausbetreibern auftreten könnte, um so Rabatte zu erzielen. Aber eigentlich wollen Linke, Grüne und Deine Freunde, dass mehr Menschen auf Busse und Bahnen umsteigen oder Car-Sharing nutzen. Eine interne Untersuchung der Verwaltung belegt, dass die meisten Stellplätze in der Innenstadt überhaupt nicht von Anwohnern genutzt werden.
Dirk Michel, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion, lehnt eine Quote — zehn Prozent weniger Parkplätze pro Jahr — ab: »Es ist besser, jede Straße einzeln zu analysieren.« Auch Michel glaubt, dass weniger Autoverkehr die Innenstadt attraktiver mache, auch in der CDU habe verkehrspolitisch ein Umdenken eingesetzt. »Die Stadt der Zukunft, ist eine Stadt der Fußgänger«, sagt Michel. Wenn die City für Fußgänger attraktiver würde, könnten ihre Geschäfte auch gegen den mächtigen Online-Handel bestehen, glaubt auch die Industrie- und Handelskammer zu Köln.

 

Die FDP, letzte parlamentarische Lobby des motorisierten Individualverkehrs, überzeugt all das dennoch nicht. Eine Woche nach dem Beschuss beantragte die FDP-Fraktion im Stadtrat eine Aktuelle Stunde. Autofahrer würden drangsaliert, bald könnten sich nur noch reiche Menschen das Parken leisten, so Reinhard Houben, verkehrspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Die FDP meint außerdem, die BV Innenstadt habe ihre Zuständigkeiten überschritten. In der Gemeindeordnung ist festgelegt, dass in den Bezirksvertretungen keine Beschlüsse mit gesamtstädtischer Bedeutung gefasst werden dürfen. Ob das hier der Fall ist, prüft nun die Verwaltung. Bezirksbürgermeister Hupke beruft sich auf juristische Expertisen, die ihm Recht geben. Dennoch will er den Verkehrsausschuss des Rates bei den Planungen miteinbeziehen.

 

Gerangel um Kompetenzen gab es zwischen Rat und Innenstadt-Politikern schon häufiger. Die BV ist vielen Ratspolitikern lästig, zumal Grüne, Linke und Deine Freunde, wie jetzt, ohne CDU und SPD, beschließen können. Zum Eklat kam es vor einem Jahr, als eine Mehrheit der BV die Kreuzblumen-Replik von der Westseite des Kölner Doms an einen anderen Ort umbetten wollte. Umgekehrt betreffen Entscheidungen des Stadtrats besonders oft die Innenstadt, etwa bei der Opernsanierung, oder der Neuen Historischen Mitte am Dom. Nicht nur die Innenstadt, sondern alle neun Stadtbezirke fordern mehr Einfluss. OB Henriette Reker will die Bezirke nun stärken, Verhandlungen mit den Bezirksbürgermeistern über eine neue Zuständigkeitsordnung sind angelaufen.

 

Die jetzt beschlossene Verlagerung der Parkplätze ins Parkhaus ist übrigens keine neue Idee. Eine »schrittweise Reorganisation des Parkens« forderte bereits der städtebauliche Masterplan für die linksrheinische Innenstadt. Er wurde vom Rat der Stadt mit breiter Mehrheit bereits 2009 angenommen.