Foto: Manfred Wegener

»Die Moschee mit Selbstbewusstsein darstellen«

Der Entwurf der Kölner Architekten Gottfried und Paul Böhm für eine Moschee hat den ersten Preis bekommen.

 

Die »Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion«, kurz DITIB, hatte einen Architekturwettbewerb für ihre künftige Moschee an der Kreuzung Innere Kanalstraße/Venloer Straße ausgeschrieben. Anfang März vergab die Jury, in der Repräsentaten der Kölner Politik und Gesellschaft, u.a. auch die Dombaumeisterin, vertreten sind, die Preise. Paul Böhm kommentiert im Interview seinen Entwurf.

StadtRevue: Herr Böhm, wie entwirft man eine Moschee?

Paul Böhm: Für uns war es das erste Mal – eine spannende Herausforderung! Bislang haben mein Vater und ich Erfahrung mit Kirchenbau gesammelt. Zunächst haben wir eingehend die Geschichte des Moscheebaus studiert. Zu unserem Entwurf: Man geht von der Venloer Straße über eine Freitreppe in einen Hof, der sich über zwei Ebenen erstreckt. Dieser Hof dient zum einen als Ort der Begegnung und zum anderen als Schnittstelle zwischen der Hektik des Stadt und dem meditativen, ruhigen, eigentlichen Gebetsraum. Von diesem Hof aus werden alle Nutzungsbereiche der Anlage erreicht: neben dem Gebetsraum auch Veranstaltungsräume, Läden, Gastronomie und so weiter.

<i/>Moscheen sind nicht alleine auf das Beten ausgerichtet, sondern auch als Freizeitort gedacht. Liegt hier ein wesentlicher Unterschied zu Kirchen?

Einen vergleichbaren Aufbau gibt es zum Beispiel in der Vingster Kirche, die wir entworfen haben. Dort sind eine Bibliothek und ein Raum, der als Treffpunkt dient, sowie Werkstätten und Verkaufsräume in die Kirche integriert.

Gottfried Böhm (kommt hinzu): Dies ist für einen Kirchenbau aber eher ungewöhnlich. Dahinter steckt eine neue geistige Haltung.

Heißt das, moderne Kirchenbauten ähneln traditionellen Moscheen?

Paul Böhm: Ja, das könnte man so sagen. Man kommt aus der hektischen Stadt und betritt einen Meditationsraum, in dem man zur Ruhe kommen kann – das ist bei Moschee und Kirche gleich.

Haben Sie für die Moschee sakrales Baumaterial vorgesehen?

Jedes Material ist sakral, je nachdem, wie man es anwendet. Wir verwenden einen Beton mit einer veredelten Oberflächenstruktur, wie wir ihn auch in Vingst eingesetzt haben. Das lässt den Beton wie Stein wirken, wie einen Fels. Dadurch strahlt er statische Ruhe aus, Halt und Beständigkeit.

Hat die Tatsache, dass sie selbst ein gläubiger Mensch, wenn auch Christ, sind, eine Rolle in der Ausschreibung für die Moschee gespielt?

Vor kurzem hat mir mein alter Bauherr gratuliert .Er sagte: »Hut ab vor der muslimischen Gemeinde, die die Ausschreibung so offen gestaltet hat! Für unseren Kirchenbau durften wir ausschließlich einen katholischen Architekten beauftragen«.

Spiegelt sich diese Offenheit auch in Ihrem Entwurf?

Ja, deshalb gibt es eine große, einladende Freitreppe zur Venloer Straße hin. Auch die Kuppel, die aus drei Blättern besteht, die sich wie Hände begegnen, spiegelt die Offenheit.

In einigen Wettbewerbsentwürfen sind Kuppel und Minarette nur angedeutet. In Ihrem Entwurf sind sie weithin sichtbar. Warum?

Es ist eine Moschee, das sollte man ruhig mit Selbstbewusstsein darstellen. Die Muslime sollten sich nicht verstecken, jede Gemeinschaft sollte sich nach Außen präsentieren können. Man braucht Zeichen, Symbole, durch die man sich als unterschiedlich darstellt.

Was halten Sie davon, dass es nun eine Moschee an einem zentralen Ort geben wird?

Die Situation der Muslime in Köln war mir seit Jahren ein Dorn im Auge. Ich habe lange gebraucht, um zu begreifen, dass einige verlassene Ladenlokale Moscheen sind. Gebetsräume im Hinterhof – das muss doch bedrückend sein, als ob man etwas Verbotenes täte! In Köln gibt es 100.000 Muslime – alles ehrenwerte Bürger, die einen Raum benötigen, wo sie gemeinsam beten.

Gegen den Bau einer Moschee gibt es verschiedentlich Widerstände.

Meine Hoffnung ist, dass unsere muslimischen Mitbürger mehr zur Selbstverständlichkeit werden. Das erreicht man nicht, wenn sie sich zum Beten in irgendwelche Spelunken davonstehlen! Wenn sie sich mit einem richtigen Haus präsentieren können, schöpfen die Kölner vielleicht mehr Vertrauen.

Wird die Moschee das Kölner Stadtbild verändern?

Letztlich ist der Standort relativ versteckt , hinter der großen Telekom-Scheibe und dem Fernsehturm, geradezu abgeschirmt zur Innenstadt. Um dagegen zu bestehen, bedarf es schon des Volumens. Die Kuppel und die Minarette werden als Silhouette durchaus präsent sein. Aber damit wird Köln nicht gleich verändert, sondern bereichert.