Schwarzlicht

Köhler, Merkel, Rüttgers, Schramma – jetzt, wo überall die Christlichen herrschen, kann man sich mal fragen, was in NRW überhaupt noch NRW ist und ob es sich, wo es politisch sowieso egal ist, im Süden nicht viel besser lebt. Denn der hat gewichtige Vorteile: Das Wetter ist besser, die Natur näher, es gibt mehr Arbeitsplätze. Und mittlerweile schreibt man näher an den Alpen auch die besseren Kriminalromane, zumindest lassen das die Neuerscheinungen des Frühjahrs vermuten.
Zum Beispiel die Debütantin Andrea Maria Schenkel, die in ihrem bajuwarischen Noir »Tannöd« dem Massaker an den Bewohnern eines fränkischen Einödhofs so gekonnt nachspürt, dass sie im März völlig überraschend auf Rang 1 der Krimibestenliste gewählt wurde. Oder die Münchener Journalistin Christa Bernuth, die in ihrem Politthriller »Innere Sicherheit« die Zusammenarbeit von Stasi-Mitarbeitern und RAF-Terroristen auf eigenwillige Weise interpretiert. Oder der Zeitdiagnostiker Ulrich Ritzel, der in seinem neuen Roman »Uferwald« stellvertretend für die wertverlustige bundesdeutsche die Ulmer Gesellschaft seziert. Oder der bayerische Autor, der sich das Pseudonym Max Bronski gewählt hat, um mit »Sister Sox« zu beweisen, dass man auch im ach so sauberen, derrickigen München einen dreckigen, schnellen, witzigen Noir ansiedeln kann.
Allesamt lesenswerte Genretexte, mit denen zur Zeit kein hiesiger Krimi konkurrieren kann. Das ist also ein weiteres Argument für den Süden – andererseits ist NRW zwar nicht mehr NRW, dafür aber noch lange nicht Bayern oder Baden-Württemberg. Ich sag nur: Oettinger, Huber, Söder, Stoiber. So schlimm wird es bei uns garantiert niemals werden, außerdem erscheint im Herbst ein richtig guter Kölner Kriminalroman, den ein bayerischer Autor, Thomas Kastura, gerade zu Ende schreibt. Das ist Hoffnung für Krimilesers rheinische Lebensqualität.