Phantome des Stadions

Bald ist raus, wie weit sich Klinsis Buben bei der WM rumpeln. Bis es soweit ist, hechelt auch die Kleinkunst dem Ball hinterher. Das riecht nach Trittbrettfahren. Eingefleischte Fußballhasser wünschen sich Kontrastprogramme. Aber nicht alles, was unter dem Fußball-Label läuft, ist Rangeschmeiße, das sich ohnehin von selbst entlarvt.

Bei dem sehenswerten Ein-Personen-Stück »Ein Abend im November« von Marie Jones ist der Fußball Auslöser für einen Lebenswandel. Der nordirische Fußballignorant Kenneth McCallister ist Protestant und Beamter beim Sozialamt. Im Vorlauf der WM 1994 in den USA gerät er wider Willen in ein Spiel um die Qualifikation: Nordirland gegen Republik Irland. Und plötzlich erträgt er den Hass der Fans nicht mehr, will ausbrechen aus seinem genormten, von politischen Vorurteilen geprägten Leben. Er wird Fan der katholischen Iren und bricht heimlich auf in die USA. Die Komödie mit melancholischen Untertönen ist eine Steilvorlage für Gernot Schmidt, der McCallister (und andere Figuren) mit viel Schwung verkörpert.

Gediegene Gehässigkeit

Das Phantom des Stadions, das in der gleichnamigen Show während der WM im Eifelturm haust, ist eine eher traurige Gestalt. Ein von Altbier entstellter und vergessener Platzwart alias Michi Kleiber versteckt sich in den Katakomben des Rheinenergiestadions. Er träumt von Zeiten, in denen Fußball ein ehrlicher Sport war und im Stadion eine Toilette noch nicht »FIFA-Exkrement-Lounge« hieß. Als personifiziertes schlechtes Gewissen des dekadenten Fußballzirkus sieht das Phantom nur einen Ausweg: den zur dunklen Seite der Macht gewechselten Beckenbauer entführen und die Rückkehr zu alten Verhältnissen fordern. Trotz hoher Kalauerdichte ist die Musicalparodie vorwiegend witzig. Das liegt auch an Kleiber, dem man gerne zuschaut, wenn er seine Gesangseinlagen einstreut und etliche Figuren mit skurrilen Schrullen darstellt.

Konventionelles Kabarett bietet der »Doppelpass«, den Jens Neutag und Martin Maier-Bode vorführen. Mit dem Programm hat das Duo schon im WM-Jahr 2002 einen Kabarett-Preis gewonnen. Seitdem sind zwar sicher einige neue Pointen hinzugekommen, insgesamt bleibt es aber bei eher gediegener Gehässigkeit. In der fiktiven »kabarettistischen Werbekampagne für die WM« wird ein Fan-Trainingsprogramm abgehakt, das genug Platz lässt für Seitenhiebe
auf die üblichen Verdächtigen. Nur: Eingebildete Spielerfrauen oder aufgeblasen Funktionäre wie Callmund & Co. muss man nicht demaskieren. Da reicht es, die Sportschau anzuschalten.

»Ein Abend im November«, Engelbät,
Engelbertstr. 7, 11.6., 11.30 Uhr.
»Das Phantom des Stadions«, Eifelturm,
24.-27.5., 7., 8.6., 20.30 Uhr,
Termine während der WM auf der Homepage
»Doppelpass«, Klüngelpütz,
1., 2.6., 20.30 Uhr.