Schwarzlicht

Die Krimikolumne

Ein Baby, zwei schulpflichtige Kinder, zwei Erwachsene; ein alter Mitsubishibus, fünf Wochen Hitze, um die 10.000 Kilometer löchriger Asphalt – mein Freund G., ein netter Mensch türkischer Herkunft, ist dem Wahnsinn verfallen. Er erfüllt sich einen Jugendtraum. Mit Familie reist er in die und quer durch die Türkei, gucken, was die Wurzeln so machen. Keine Ahnung, wie man das aushalten kann, zu Fünft auf vier Quadratmetern ohne Klimaanlage und MP3-Radio. Was man aber in so einer Zeit lesen kann, auf die Frage liefert der Buchmarkt zurzeit gute Antworten: Krimis, schließlich will man nicht bei 75 Grad Innentemperatur Moralphilosophen lesen.

Perfekt eignen sich z.B. die neuen Kriminalromane von Irene Rodrian und P.J. Tracy. Sie werfen genau die Frage auf, die G. am Ende seiner Reise wird beantworten können: Mit wie vielen Menschen auf wie engem Raum kann man es eigentlich wie lange aushalten?
Irene Rodrian ist so etwas wie eine Grande Dame der deutschen Kriminalliteratur: In den 70ern war sie eine der ersten Frauen, die in Deutschland Genreliteratur schrieben. Mit »Eisiges Schweigen«, ihrem neuen Roman nach langem Schweigen, zeigt Frau Rodrian sich globalisiert. Fünf Frauen, die in einer WG in Barcelona zusammenleben, engagieren sich mehr schlecht als recht als Detektivbüro. Etwas bieder, aber ganz sympathisch.

P.J. Tracy, das Mutter-Tochter-Autoren-Duo aus den USA, lassen in ihrem irren Absurdistan »Mortifer« gleich ein gutes Dutzend Hauptfiguren mit Herz und Witz gegen die Gesetze der Wahrscheinlichkeit anrennen. Oberflächlich und comichaft finden das die einen, genial witzig die anderen, und die haben Recht. Einen ganzen, einen genialen, noch dazu schon den dritten Roman haben die beiden zusammen geschrieben. Können Sie sich vorstellen, mit Ihrer Mutter einen Roman zu schreiben? Ich nicht. Aber klare Sache: Wenn das geht, geht auch so eine Reise … siehe oben.