»Es wird Geklüngel geben«

Hochschulpolitik bizarr: Im Kernforschungszentrum

beschließt der Senat der Uni Studiengebühren

»Tous ensemble!« – Alle zusammen! Der Schlachtruf der französischen Studentenproteste schallt immer wieder aus den Reihen der Kölner Studenten über die Köpfe der Polizisten hinweg,
über die Stacheldrahtzäune und das weitläufige Gelände des Kernforschungszentrums in Jülich. Doch das Ziel der Rufe, ein Häuflein von acht Mandatsträgern, ist gut abgeschirmt hinter dicken Mauern. Im Laufe des Nachmittags sind die Senatoren angekommen, in Dienstfahrzeugen der Universität, auf die sie an verschiedenen Straßenecken in Köln gewartet hatten.

Was mache ich hier eigentlich?

Beschwerlich war die Anreise zum geheimen Tagungsort: nach dem Stau auf der A4 galt es am Kernforschungszentrum durch die Reihen protestierender Studenten zu navigieren, und zum Schluss setzte es an den Eingangstoren des Zentrums noch eine Identitätskontrolle der Polizei. Dabei wollten die Strapazierten nur eines: Während der Senatssitzung die Hand für oder gegen fünfhundert Euro Studiengebühren heben.
Schwere studentische Proteste hatten zuvor eine Senatssitzung an der Uni Anfang Mai verhindert (siehe StadtRevue 6/06).
Danach beschloss das Rektorat, am 24. Mai ungestört an einem geheimen Ort abzustimmen – so geheim, dass er nicht einmal den Senatoren vor Sitzungsbeginn bekannt war. »Was mache ich hier eigentlich?« fragte sich Andreas Hoogen, studentischer Senator, angesichts dieses Szenarios. »Du stehst an einer Straßenecke und wirst noch nicht mal abgeholt!« Seinem Kollegen Markus Struben ging es nicht besser, er wartete eine halbe Stunde an der Tiefgarage des Philosophikums auf seinen Wagen nach Jülich – und mit ihm der WDR, der berichtete.

Am Ende waren es bloß acht von zwölf Senatoren, die es bis zur Abstimmung in ein Verwaltungsgebäude des Kernforschungszentrums schafften. Mit einer Gegenstimme wurde beschlossen: Ab dem Sommersemester 2007 müssen Kölner Studenten 500 Euro pro Semester zahlen. Laut Satzung soll das Geld vor allem für eine »Verbesserung der Lehre« eingesetzt und zu 75 Prozent direkt an die einzelnen Fakultäten weitergeleitet werden.

Reguläre Senatssitzung? Unmöglich.

Doch wer kontrolliert die Verwendung der neuen Einnahmen? Der Beschluss sieht ein Prüfungsgremium vor, paritätisch besetzt aus Lehrenden und Studierenden. Den Vorsitz soll eine »geeignete« Person erhalten, die nicht der Universität angehört. »Um den Posten wird es sicher Geklüngel geben«, vermutet Kristina Klein, AStA-Vorsitzende und beratendes Mitglied des Senats. Jemand aus der Forschung oder der Wirtschaft sei denkbar, glaubt Andreas Hoogen. Welchen Rat das Gremium in Bezug auf die Verwendung der Gebühren allerdings auch erteilen mag, bindend ist seine Empfehlung für das Rektorat nicht. Auf spürbare Verbesserung der Lehre und der Studienbedingungen pochen die Studenten aber vehement: »Wir bezahlen als Kunden für eine Dienstleistung, diese muss auch einklagbar sein«, sagt Senator Hoogen.

Ob das Zustandekommen des Jülicher Beschlusses aber überhaupt rechtens war, soll jetzt geprüft werden. Eine reguläre Senatssitzung ohne Polizei scheint jedenfalls fürs Erste nicht möglich zu sein. Weitere Proteste sind bereits angekündigt.