Baumfällen leicht gemacht

Verwaltung und Ratsmehrheit wollen den Baumschutz lockern

Fällt die Bäume solange noch welche stehen! Überspitzt formuliert könnte man so die Novellierung des Baumschutzes interpretieren, wie sie von der Stadtregierung angestrebt wird. Zumindest aus Sicht der rot-grünen Opposition.
Baumschutz bedeutet laut Vorschrift, dass der zum Holzfällen geneigte Bürger erst einen Antrag bei der Stadt einreichen muss und sich mit der Bewilligung zu einer Ersatzpflanzung verpflichtet. Waren bisher Bäume ab 60 cm Durchmesser geschützt, fallen unter die neu entworfene Baumschutzsatzung nur noch Bäume, deren Stamm mindestens 100 cm durchmisst. Koniferen und Säulenpappeln sollen ganz aus der Satzung gestrichen werden.

Freier Kahlschlag für alle?

Falls der Novellierung des Baumschutzes im Rat zugestimmt wird, was anzunehmen ist, nachdem sie von der CDU/ FDP-Mehrheit im Umweltausschuss gegen die Stimmen der Grünen und der SPD angenommen wurde, dürfen also Stämme bis 99 cm ohne Genehmigung und ohne Ersatzpflanzung abgeholzt werden. Doch welche konkreten Konsequenzen hätte die Lockerung des Baumschutzes für Köln? Der umweltpolitische Sprecher der SPD, Götz Bacher, prognostiziert, »einen Kahlschlag in Kölner Vorgärten«. In dieselbe Kerbe schlägt Harald Junge von den Grünen und warnt vor einer fatalen Signalwirkung, die dazu führen könnte, »dass in fünf Jahren das abgeholzt wird, was erst in 50 Jahren nachwächst«. Dagegen erscheint der Ratsmehrheit die oppositionelle Aufregung unverständlich. Sie setzt auf den mündigen Bürger. »Wir trauen den Kölnern zu, verantwortlich mit ihrer Umwelt umzugehen«, sagt Walter Grau von der CDU.

Idealistisches Umweltamt

In die gleiche Richtung weist die Argumentation der Verwaltung. Die seit 1985 verdreifachte Antragszahl, bei gleichzeitigem Rückgang der ohne Erlaubnis gefällten Bäume, wird als Zeichen für ein gewachsenes Umweltbewusstsein der Kölner gewertet. Doch damit stellt sich die Frage: Warum überhaupt eine neue Satzung, wenn sich die alte doch bewährt hat? Der Baumschutz könne so auf den ökologisch wertvollsten Bestand konzentriert werden, meint das Umweltamt. Hintergrund ist die enorm gestiegene Zahl von Fällanträgen. Statt der knapp 2.000 Anträge jährlich wären durch die Neuerung nur noch rund 1.100 zu erwarten. Diese Reduzierung, so das Umweltamt, ermögliche eine bessere Kontrolle der Ersatzpflanzungen. Als weitere Begründung für die Lockerung nennt das Umweltamt aber auch eine verstärkte Bautätigkeit in diesem Zeitraum. Ein Hinweis darauf, dass sich mit dem Paragrafenkahlschlag im bauwirtschaftlichen Sinn der Kahlschlag im Kölner Grün kaum vermeiden lässt? Dass gewachsenes Umweltbewusstsein die Konzentration auf den wertvollsten Bestand ermöglicht, klingt jedenfalls arg idealistisch.