Watchdog

Ach ja, die Jugend von heute, jammern Kulturpessimisten seit je. Interessiert sich für nichts, und schon gar nicht für das Gute, Wahre, Schöne. Also möglichst viel Müll machen, denkt da mancher Medienmanager, um wenigstens den ein oder anderen jungen Menschen beim Sender zu halten. Anders hat sich zum Glück der WDR entschieden – und das Radioprogramm Eins Live Kunst gegründet: Beiträge zu kulturellen Themen, kombiniert mit Popmusik. Das Ganze ist seit dem 4. Oktober im Netz zu hören, täglich von 15.15 Uhr bis 19.15 Uhr unter www.einslivekunst.de. Anschließend wird die Sendung fünf Mal wiederholt, so dass der Webchannel rund um die Uhr sendet, immer um viertel nach unterbrochen von den aktuellen Eins Live-Nachrichten. Ein Win-Win-Projekt: Wir bekommen ein schönes neues Netzradioprogramm, und der WDR junge Hörer und entsprechendes Prestige, und das auch noch für wenig Geld. Denn die Beiträge stammen aus dem eigenen Haus und werden einfach recycelt: Ein Redakteur plündert für Eins Live Kunst die Kulturmagazine Mosaik und Resonanzen auf WDR 3, Scala auf WDR 5, Cosmo und Piazza auf Funkhaus Europa sowie natürlich das Eins Live-Programm. Potenziell jugendnahe Beiträge werden unverändert übernommen oder in Ausnahmefällen leicht gekürzt, drei bis vier Stücke laufen pro Stunde, dazwischen gibt es viel bunt gemischte Musik von The Rapture über Jan Delay und Gustav bis Beck. Rund ein Jahr soll das Experiment laut WDR-Hörfunkdirektorin Monika Piel dauern, dann wollen die Verantwortlichen weiter sehen – vorausgesetzt natürlich, die Jugend will weiter hören.

Kommt hier der nächste Me­dien­erfolg? »Breite Zustimmung für Kölner Filmfestival«, titelte Ende September eine Pressemeldung, herausgegeben von CDU-Medienexperte Thomas Rossbach und Filmproduzent Gerhard Schmidt. Am gleichen Tag hatten die beiden im Kölner Filmhaus erste Ideen für ein groß angelegtes Kölner Filmfestival vorgestellt. Wer bei der Veranstaltung anwesend war, konnte allerdings nur staunen über diese positive Einschätzung. Die Stimmung während der Diskussion ließe sich eher als zurückhaltend bis skeptisch beschreiben – und das nicht nur, weil ein ähnliches Vorhaben vor 15 Jahren bereits spektakulär gescheitert ist. Denn was bei der Präsentation übrig blieb – zieht man eine Menge Modebegriffe wie Public Viewing, Public Private Partnership, Closed Shop Viewing ab –, war wenig: Weil der Lack Kölns als Medienstadt abbröckelt, braucht die Stadt ein Festival mit überregionaler Strahlkraft. Dafür müssen natürlich US-Stars her. Daher soll das Festival Anfang September stattfinden, um die zwischen den Festivals von Venedig und Deauville pendelnden Promis abzufangen. Um Stars zu bekommen, braucht man viel Geld – allein Nicole Kidman nach Rom zu locken, soll das dort neu etablierte Festival im Oktober eine weit ins Sechsstellige reichende Summe gekostet haben. Also müssen solvente Sponsoren her, die aus der Telekommunikationsbranche kommen sollen. Dafür zeigt man sich dann bei der Programmgestaltung flexibel und will sich auch Filmen für das Handy widmen... Kurz: Ein Konzept für ein Filmfestival wurde nicht vorgestellt. Sondern eher ein Plan zur Standortförderung.