Auf dem Weg zur Kammermusik

Wird man älter, besinnt man sich auf die Dinge, die man neben seiner wahren Mission immer schon mal machen wollte. Romane verfassen, Filmmusiken komponieren, Drehbücher schreiben.
Nick Cave, der Altmeister des rohen Blues und Magier des religiös aufgeladenen Pathos, hat sich vor einiger Zeit zu letzterem hinreißen lassen: Sein alter Kumpel, der australische Regisseur John Hillcout, war gerade bei Nick zu Besuch im Studio und klagte über das unbefriedigende Drehbuch zu seinem neuen Film. Prompt übernahm Cave den Job der Überarbeitung und bekam auch den Zuschlag für den Soundtrack zu »The Proposition«, ei­nem kargen Western, der in Australien gegen Ende des 19. Jahrhunderts spielt. Eingespielt hat Nick Cave die Musik mit einem seiner Bad-Seeds-Kompagnons, dem Violinis­ten Warren Ellis. Der Sound ist spröde, getragen, melan­cholisch, düster – so wie man das von Cave und Ellis erwartet.
Eine kleine weitere Karriere ohne seine Band, das hätte man von Nick Cave trotz seiner Ausflüge in Literatur (»Der Engel sah die Eselin«) und Film (»Ghosts ... Of The Civil Dead«) nicht unbedingt erwartet. Doch genau auf solchen Seitenwege befindet sich der Mann zur Zeit. Kein Wunder also, dass Cave im November für vier Konzerte in der Bundesrepublik ist – ohne seine Stammband. Na ja, fast. Denn komplett auf die Bad Seeds verzichten kann Nick Cave nicht, drei seiner permanenten Mitstreiter begleiten ihn: Warren Elis natürlich (eigene Band: Dirty Three), Martyn P. Casey (Bass) und Jim Sclavunos (Schlagzeug, eigene Band: The Vanity Set).
Nick Cave ist auf dem Weg zur Kammermusik. Das kann nur gut gehen. Denn die Stärke des Sängers war immer die eindringliche, sehr persönliche und mitnehmende Performance, hinter seiner Band hat sich der Australier nie versteckt. Und seine grandiosesten Songs waren eben nie die laut rockenden, überla­de­nen, sondern im Gegenteil die eindringlichen Balladen, der reduzierte Blues, die Stücke, die ­allein von der prägnanten Per­formance Caves leben. Bleibt zu hoffen, dass es auch instrumentale Stücke zu hören geben wird. Den Soundtrack zu einem imaginären Film eben. Oder zu einem sehr realen.

Konzert Di 14.11., 20 Uhr, Beethovenhalle Bonn (Wachsbleiche 16, 53111 Bonn),
einziges Konzert in NRW!