Die geheime Verwandtschaft der Dinge

Mit »Im Garten der Wirklichkeit II« verabschiedet sich Kolumba vom Roncalliplatz

 

 

Ein Madonnen-Gemälde aus dem 15. Jahrhundert, Josef Albers »Hommage to the Square – Yellow« (1962), Kakaokannen, lithurgische Gefäße, Küchengerät, der Staubsauger »Monopol« von 1920, die Schreibmaschine »Praxis 49« von Ettore Sottsass / Olivetti und dahinter an der Wand Konrad Klapheks »Kleines Liebesglück« von 1959. Eine Postkarte von Klee, eine Zeichnung von Beuys zwischen aktuellen Werke von Kölner Künstlern wie Stephan Baumkötter, Bärbel Messmann, Victoria Bell.

Was ist hier los? Chaos? Ja, wenn damit die Vielgestaltigkeit der Welt verteidigt wird. Nein, denn es handelt sich um eine äußerst wohlgeordnete Ausstellung, in der unzählige Bezüge zwischen Werken aus sechs Jahrhunderten zu entdecken sind. Wenn es die besondere Kunst einer Ausstellung ist, heterogenste Dinge in Beziehung zu setzen, dann ist diese letzte Ausstellung des Diözesanmuseums in den Räumen am Roncalliplatz ein ebenso gewagtes wie spannendes Unternehmen.

Die überarbeitete Fassung des »Garten der Wirklichkeit I« stellt wieder Stefan Lochners »Madonna mit dem Veilchen« – benannt nach der Blüte als Symbol für die Demut – in den Mittelpunkt, thematisch die Einheit der Schöpfung umkreisend und die Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies. Die Kunstwerke und Objekte treten jedoch in freier Form in Dialog, über gegenständliche, gedankliche, formale Korrespondenzen. Stephan Baumkötters abstrakte Pastell-Zeichnungen aus den letzten Jahren etwa, deren Gitternetz-Linien eine fragile Ordnung aufscheinen lassen, die sich im Produktdesign als Ornament und Muster konkretisieren könnte. Walter Opheys »Kalkwerk« (1928), ein Schlüsselwerk der Ausstellung, schlägt in seiner Transzendenz die Brücke vom Paradies zur Wirklichkeit des 20. Jahrhunderts und zurück. Paul Theks paradiesische Blumen und Vögel überschreiben eine Zeitungsseite mit Börsenkursen (1969).

Alle Werke stammen aus eigenen Beständen, ebenso die Gebrauchsobjekte aus der Schenkung Schriefers: Eine kleine Auswahl seiner 8000 Stücke umfassenden »Werk- und Formensammlung« des 20. Jahrhunderts erweitert die ästhetische Erfahrung. Gerade ist das wunderbare Buch dazu erschienen, eine Kulturgeschichte der Dinge, eine Meditation über »Schönheit«, die auch den Maler, Sammler und Direktor der Kölner Werkschulen Werner Schriefers vorstellt, der hier ab 1965 den Lehrbereich Industrial Design aufbaute. Die präg­nante Einführung schlägt den Bogen vom konzeptionellen Ansatz des Museums, das im Gegensatz zur üblichen Spezialisierung nicht zwischen alter und neuer, freier und angewandter Kunst trennt, zum Produktdesign.

So zieht diese Ausstellung, die der Wunderkammer oder dem Studiolo näher ist als der (kunst-)wissenschaftlichen Prä­sen­tation, auch die Summe aus der Arbeit des Museum in den letzten 15 Jahren – und gibt einen Ausblick auf die Neupräsentation im Zumthor-Bau »Kolumba«, vermutlich ab Sommer 2007.

Kolumba, Kunstmuseum des
Erzbistums Köln, Roncalliplatz 2,
tägl. (außer Do) 11-18 Uhr, bis Februar 07

Werk- und Formensammlung – Schenkung Werner Schriefers, Hg. von Kolumba, 280 S., 42 €.