Schrammas Wundertüte

Köln ist hoch verschuldet, doch die Stadtspitze will nicht sagen, wo gespart werden soll

Die Pressekonferenz war eilig einberufen worden. Fritz Schramma und Peter Michael Soénius blickten ernst in die Runde. Fast steinern wirkten der OB und sein Stadtkämmerer. Anlass des Journalistenempfangs: Schramma wehrt sich gegen die harsche Kritik von SPD und Grünen an seinem Haushaltsplan­entwurf für 2007. »Rot-Grün schlägt blindwütig um sich, anstatt Dialog und Konsensbildung zu suchen«, so der OB.

Der Etatentwurf war drei Tage zuvor, in der Ratssitzung vom 24. Oktober, vorgelegt worden. Dass die Stadt kurz vor der Pleite steht, war bekannt. Dass der Entwurf aber nicht ausgeglichen war und mit einer Deckungslücke präsentiert wurde – das war neu. Rund 95 Millionen Euro fehlen, und anstatt Vorschläge zu machen, woher das Geld kommen soll, hatte Schramma im Vorfeld schon mal Zuschüsse verteilt: Auf seiner Liste stehen mehr Geld für Sauberkeit, Instandhaltung von Straßen, Betreuung von Kleinkindern und vor allem eine stärkere Kulturförderung – unterm Strich Mehrkosten von knapp 30 Millionen Euro, und damit allein ein Drittel des derzeitigen Fehlbetrags.

Wo an anderer Stelle dafür gekürzt werden soll, dazu gab es keine Vorschläge. Doch die Stadt muss einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, denn sie hat seit 2003 ein Haushaltssicherungskonzept, mit strengen Auflagen durch die Bezirksregierung. Wenn die Stadt nicht rigoros spart, tritt der Regierungspräsident auf den Plan. In einem so genannten Nothaushalt dürfen dann nur noch kommunale Pflichtausgaben getätigt werden. Das kann keiner wollen.

Für Martin Börschel ist der Vorschlag des OB ein »Offenbarungseid« und »Arbeitsverweigerung«. Der ehrgeizige SPD-Fraktionschef, der am Tag nach der Ratssitzung mit dem grünen Finanzexperten Jörg Frank scharf gegen die Stadtspitze geschossen hatte, will keine Geschenke machen. In einer ersten Reaktion kündigte Rot-Grün an, Schrammas Liste zu streichen. Allein bei Mehrausgaben für ein sauberes Stadtbild sind sich die beiden Lager einig. Kosten: vergleichsweise schlappe drei Millionen.

Der OB verteidigt unterdessen seine Vorschläge als »notwendige Schwerpunktsetzung« und »Erste-Hilfe-Paket«, denn der Kulturetat sei »abgerutscht auf das Niveau von Cottbus«. Damit kann Schramma nach der grandios gescheiterten Kulturhauptstadt-Bewerbung bei der Kölner Kulturszene punkten. Die ist hingegen sauer über die rot-grünen Sparpläne. Auch weil die Grünen-Fraktionschefin Barbara Moritz auf einem kulturpolitischen Symposion jüngst laut darüber nachgedacht hatte, warum die Freie Kunstszene früher ohne städtische Unterstützung erfolgreicher gewesen sei. Ein Affront für deren Vertreter, die traditionell zur grünen Stammklientel gehören.

Konkrete Einsparpläne liegen derzeit nicht vor: Alle Ratsfraktionen warten auf eine in Auftrag gegebene »Haushaltsstrukturanalyse« der Unternehmensberatung Kienbaum. Die soll noch im Dezember vorliegen und die Verwaltung effizienter machen. Soénius kann sich auch vorstellen, bei den Pflichtausgaben zu sparen: »Dann würde man vielleicht nicht mehr so schnell ein neues Autokennzeichen bekommen, sondern müsste warten.« Zudem sollen bald die neuesten Zahlen der Gewerbesteuereinnahmen vorliegen, hier zumindest darf Köln optimistisch sein. Eine weitere Möglichkeit: Der Stadtwerke-Konzern könnte mehr Geld ausschütten als bislang. Angesichts der desaströsen Finanzlage werden aber auch wieder einmalige Einnahmen aus dem Verkauf städtischen Eigentums diskutiert. All das dürfte aber kaum ausreichen, die Finanzmisere langfristig in den Griff zu bekommen.

Für 2008 soll außerdem die Idee eines Bürgerhaushalts umgesetzt werden: Die Kölner sollen die Möglichkeiten bekommen, sich an den Haushaltsplanungen zu beteiligen. Soénius begrüßte dies bereits (siehe StadtRevue 10/06). Aber, so der Kämmerer, die Bürger müssten dann auch lernen, dass man einen Etat zwar erhöhen kann, aber auch sagen muss, wo man die Gelder hernimmt. Gerade dieses finanzpolitische Einmaleins scheint die Stadtspitze derzeit nicht anzuwenden.

Schrammas Pressekonferenz endete dann auf typisch kölsche Art. Der zunächst sehr ernste OB konnte schon wieder lachen, gab sich optimistisch: »Glauben Sie mir, dass wir eine Lösung finden werden.« Die zerstrittenen Fraktionen und die Verwaltungsspitze werden sich zusammenraufen müssen. Bis zur Ratssitzung am 13. Februar bleibt noch Zeit. Danach ist erst mal Karneval.