Watchdog

Mit überwältigender Mehrheit – 38 Ja-Stimmen, zwei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen – ist Monika Piel zur neuen Intendantin des Westdeutschen Rundfunks gewählt worden. Zuvor hatten sich die letzten mutmaßlichen Gegenkandida­ten, Nikolaus Brender vom ZDF und Werner Hahn vom NDR, verabschie­det. Sie mochten keine Komparsen spielen bei einer Wahl, deren Ergebnis bereits feststand: Mit Monika Piel, Hörfunkdirektorin beim WDR, hatte sich der Rundfunkrat für eine lupenreine Ziehtochter des Senders entschieden. Bereits wäh­rend des Studiums jobb­te die heute 55-Jährige beim WDR, später assistierte sie Werner Höfer, moderierte diverse Hörfunkformate, wurde Hörfunk-Chefin. Sie kenne die Strukturen in- und auswendig, frohlockten sämtliche Sender-Spre­cher, die allerdings offen ließen, ob das notwendige Reformen einfacher macht. Und die sind nötig, wenn der WDR sich nicht darauf beschränken möchte, seine rapide alternde Zielgruppe mit Wiederhören macht Freude, Folklore der Heimat und Servicezeit: Gesundheit ins Grab zu begleiten.

Erfolgreich ist der größte Sender der Republik immer dann, wenn er sich mit lokalen und regionalen Groß- und Kleinereignissen beschäftigt. Weil das so ist, werden derzeit weitere Regionalstudios (mit eigenen Lokalzeiten) in Bonn und Duisburg eingerichtet, in Paderborn entsteht ein Korrespondentenbüro. Insgesamt elf Regio­nal­studios und vier Korrespondentenbüros werden ab 1. Februar unter anderem Wissenswertes über Euskirchen verbreiten. Im Gegenzug wurden die Metro­polensendungen WDRpunktKöln und WDRpunktDortmund, eh nur in diesen beiden Städten zu empfangen, abgeschafft.

Seit November macht auch der Kölner Stadt-Anzeiger eigenes Fern­sehen. Bis dahin waren im Internet nur News-Trailer des niederländischen Großlieferanten Zoomin zu wichtigen und unwichtigen Ereignissen rund um den Globus zu sehen. Unter www.ksta.tv sind nun moderierte Nachrichtensendungen mit regionalen Schwerpunkten hin­zugekommen. Rheinblick heißt ein vierminütiges Info-Format, Was denkt Köln ein Umfrage-Format und Rund um den FC das unvermeidbarste aller Formate. Gemacht wird ksta.tv laut Eigendarstellung von einer eigens dafür gegründeten Redaktion, »die aus Diplom- und Online-Journalisten besteht«.

Diese präzise Berufsbezeichnung ist auch nötig, um sich halbwegs abzusetzen. Denn inzwischen sind wir ja alle Journalisten. Vorausgesetzt, wir besitzen ein Handy mit Fotofunktion. Das qualifiziert automatisch zum Bürgerjournalisten. »Es ist ganz einfach: Sie machen klick und wir zahlen! Wenn Ihr Foto in der Bild-Zeitung bundesweit erscheint, erhalten Sie 500 Euro Belohnung«, ermuntert Bild seine Leser, das Handy ins Dekolleté von Barbara Schöneberger zu schie­ben. RTL setzt ebenfalls auf Handy-Paparazzi, N24 und CNN auch. Nicht alle zahlen Geld, aber große Summen sind im Spiel, wenn man einen Tsunami oder eine brennen­de Concorde vor die Linse bekommt. Natürlich wird nicht jedes Foto veröffentlicht, das meiste ist Schrott. Doch auch damit lässt sich Geld verdienen: Nicht nur RTL aktuell kassiert von den Handyrepor­tern pro Einsendung eine Gebühr.

Entstanden ist so auf eher zweifelhafte Art das, was einmal emanzipatorisch unter dem Namen Bürgerfunk gedacht war. Diese Ausdrucksmöglichkeit des Plebs erscheint der Landesregierung obsolet, CDU und FDP wollen die Berichterstattung von unten erheblich einschränken. Auf eine Stunde am Abend soll der Bürgerfunk landesweit reduziert werden. Wenn man das Volk schon nicht abwählen kann, dann wenigstens abschalten.