»Alternativ, subkulturell, nicht-kommerziell« — Bauwagenplatz an der Krefelder Straße, Foto: Dörthe Boxberg

Krankenwagen statt Bauwagen

Die Stadt plant, das Gelände des Bauwagenplatzes »Wem gehört die Welt« zu verkaufen

Eine legale Nutzung auf Zeit — so lautet die Absprache zwischen der Stadt Köln, der das Gelände des Bauwagenplatzes an der Krefelder Straße / Ecke Innere Kanalstraße gehört, und deren Bewohnern. Diese Zeit ist nach 22 Jahren offenbar abgelaufen. Mitte Dezember beschloss der Rat der Stadt rund 70 Flächen für den Wohnungsbau freizugeben (siehe Seite 16) — darunter auch das Gelände des Wagenplatzes »Wem gehört die Welt«. Für die Bewohner ist die Entscheidung nicht nachvollziehbar. »Es gibt so viel Leerstand in Köln, wieso soll ein belebter Ort dem Wohnungsbau weichen?«, fragen sie. 

 

Unterstützung der Politik erfahren die Bauwägler nur bedingt. Zwar hatte die Linke sich dafür ausgesprochen, die Fläche für den Bauwagenplatz zu erhalten, schließlich aber dem gesamten Beschluss-Paket zugestimmt. Grüne und die SPD beteuern Sympathien für alternative Lebensformen — sehen aber angesichts des angespannten Wohnungsmarktes eher die Notwendigkeit, hier  Wohnungen zu errichten. 

 

Unklar ist, wie viele Wohnungen auf dem Gelände entstehen können. Mal ist von 30, mal von 50 die Rede. Zur Entspannung des Wohnungsmarktes trägt das nur in geringem Maße bei — bis zum Jahr 2029 fehlen laut Prognosen der Stadt rund 66.000 Wohnungen. 

 

»Wenn es eine bessere Nutzung gibt, muss die Fläche dafür freigemacht werden«, sagt aber auch Tom Geffe aus der Bezirksvertretung Innenstadt. Er vertritt die »Gute Wählergruppe«, die sich von Deine Freunde abgespalten hat. Sie hatte per Dringlichkeitsantrag versucht, die Verkaufspläne auf Eis zu legen, bis ein akzeptables Ersatzgelände für die Bewohner gefunden sei. »Wir haben befürchtet, dass den Bauwagenbewohnern sonst pro forma etwas angeboten wird, was sie gar nicht wollen«, so Geffe. Diesen Befürchtung haben die Bewohner auch. »Es wird über uns und nicht mit uns gesprochen«, sagt Sonja vom Bauwagenplatz. »Dass der Platz verkauft werden soll, haben wir aus der Zeitung erfahren.« Das war vor einem Jahr. Aus der Zeitung haben sie auch erfahren, das der Arbeiter Samariter Bund (ASB) Interesse bekundet habe. 

 

Für Fragen zu den Kaufplänen sei der ASB allerdings der falsche Ansprechpartner, meint Geschäftsführer Peter Stegmeier — alles viel zu unkonkret. »Wir haben noch kein Angebot von der Stadt und wir kennen auch kein Baurecht.« Allerdings stimme es, dass der ASB eine Immobilie sucht, auf der er seine unterschiedlichen sozialen Dienste unterbringen könne. Auch die Geschäftsstelle sollte dort Platz finden, denn die Räume an der Sülzburgstraße seien zu klein geworden, so Stegmeier. Für Krankentransporte und Rettungsdienstfahrten wäre die Lage an der Inneren Kanalstraße, nahe der Zoobrücke, ideal. Von dort seien sowohl die rechts- als auch die linksrheinischen Krankenhäuser schnell erreichbar. und eventuell könnten dort Werkswohnungen für die Rettungssanitäterinnen entstehen. 

 

»Der ASB ist unser größter sozialer Träger«, sagt Detlef Fritz, Leiter des Liegenschaftsamts. Die Stadt begrüße das Interesse des ASB am Grundstück.  Voraussetzungen zum Verkauf will man im Frühjahr schaffen. Dann werde auch gemeinsam mit dem ASB nach Alternativen für die Bewohner des Bauwagenplatzes gesucht. 

 

»Ein Ersatzgelände zu suchen, macht für uns keinen Sinn«, sagen allerdings die Wagenleute. Sie wollen bleiben. »Wir sind viel mehr als ein Wohnprojekt«, argumentieren sie. »Wir sind ein alternativer, subkultureller, nicht-kommerzieller Raum.« Es gibt politische Veranstaltungen, Konzerte und Theater, die alternative CSD-Party »Sex im Dreck« ist legendär. Auch im Veedel seien sie  ein wichtiger Bezugspunkt. Dass eine Wagenkolonne an einem Ort verwurzelt sein könnte, dafür scheint es wenig Verständnis zu geben.

 

Bis der Verkauf des Geländes weiter vorangeschritten ist, will man auf dem Wagenplatz jedenfalls nicht warten. Dass Entscheider und Investor den Wagenplatz nicht kennten, habe auch gute Seiten, sagen die Bewohner. So würden sie nicht richtig eingeschätzt.