Gerhard Richter zum 85.

Ob man ihn nun als Taktiker des Zweifels oder als Traditionalist der Moderne charakterisiert — fest steht jedenfalls, dass nahezu alle Fragen der Malerei, genauso wie alle Fragen an die Malerei sich im und mit dem Werk Gerhard Richters diskutieren ließen. Allein schon dieser Sachverhalt verdient Achtung und Respekt. Die große Übersichtsschau ging bereits zu seinem 80sten unter dem Titel »Panorama« auf Tournee und wurde ein Besucherrekord.

 

Zu seinem 85. Geburtstag soll es jetzt etwas weniger pompös und feierlich zugehen. So richtet das Museum Ludwig dem Wahlkölner eine fast schon intime Kabinettausstellung aus eigenen Beständen ein, die Richter um eine Reihe abstrakter Bilder aus der aktuellsten Produktion ergänzt. Denn malen, das tut er natürlich immer noch.

 

Richter ist, seit nunmehr 55 Jahren, ein kritischer Archivar der modernen Malereigeschichte, dem es unentwegt gelingt, immer aufs Neue exemplarische Bilder über die Falschheit der Bilder zu schaffen. Dabei kennzeichnet ihn ein reflektierter Umgang mit wechselnden Modi malerischer Motivik und Rhetorik. Vom unscharfen Fotorealismus bis zur grauen Monochromie, von der Historien- bis zur abstrakten Farbfeldmalerei, von industriell hergestellten Streifenbildern bis zu gestisch-expressiven Farbverläufen hat Richter das gesamte Spektrum der Malerei des 20. Jahrhunderts durchgespielt und dabei dennoch eine unverwechselbar eigene Bildsprache erarbeitet. Auslöschen, zerkratzen, verwischen — das sind Richters klassische Techniken und Strategien der Distanzierung und produktiven Zerstörung. Dabei stellt sich eine Illusion von Freiheit ein, die sich über die Verfügbarkeit der Stile und Gegenstände definiert.

 

Sein Diskurs gilt daher der Selbstbefragung der Malerei — im Medium der Malerei. Für seine piktoriale Grundlagenforschung bringt er ohne Scheu Kitsch und Pathos, Idylle und Erhabenheit in Stellung und sucht Bezüge zur Welt außerhalb der Autonomie der Kunst. Nach der großen Kölner Ausstellung des abstrakten Werkes (2008/09) ehrt das Museum Gerhard Richter nun mit einer konzentrierten Geburtstagspräsentation. Aber wer beschenkt hier eigentlich wen?

 

 

Gerhard Richter wurde am 9.2.1932 in Dresden geboren und lebt seit 1983 in Köln.

Die Präsentation im Museum Ludwig ist vom 9.2.–30.4. zu sehen. Eine Eröffnung gibt es nicht: Der Künstler ist zu seinem Geburtstag verreist. Er mag keinen -Trubel. 

Ausblick: Mitte des Jahres zeigt das Kunstmuseum Bonn rund zwanzig Schlüsselwerke aus der vornehmlich gegenständlichen Frühzeit Richters. Der Dokumentarfilm von Corinna Belz ist auf DVD erschienen, good!movies, 97 Min., 19,90 Euro