Grausamer als Fiktion

Spanien, 1944: Das Brot der neuen Regierung unter General Franco ist ein hartes und wird immer weniger. Obwohl der Bür­gerkrieg schon seit 1939 entschieden ist, herrscht keine Ruhe im Land: Ver­sprengte republikani­sche Trup­pen führen weiter ihren Kampf ge­gen den faschistischen Terror. So auch in den Bergen von Navarra, wo der Hauptmann Vidal mit seinen Schlächtern versucht, dem Auf­begehren der demokratisch gesonnenen Kräfte ein Ende zu setzen. Dass seine Gattin Carmen ein Kind erwartet, interessiert ihn nur, weil ein möglicher Stamm­hal­ter geboren werden könnte; ih­re Tochter aus erster Ehe, die elfjährige Ofelia, ist bestenfalls ein notwendiges Übel. Doch Ofelia lebt nicht nur in dieser Welt. Feen weisen ihr den Weg in ein steinernes Labyrinth, in dem der Gott Pan ihr offenbart, dass sie die verlorene Prinzessin eines unterirdi­schen Reiches sei, drei Prüfungen müsse sie bestehen, bevor sie heim kann zu ihren wahren Eltern.

Endlich auch hierzulande

Vor fünf Jahren situierte Guillermo del Toro schon einmal eine fantastische Erzählung vor dem Hintergrund des spanischen Bürgerkrieges. »El espinazo del diablo« hatte auch einen deutschen Verleih, der ihn aber nie ins Kino brachte, obwohl Pedro Almo­dóvar (als Co-Produzent) draufstand. Aber das Gute lässt sich nicht auf Dauer unterdrücken, und so startet mit del Toros Meisterwerk »Pans Labyrinth« endlich auch hierzulande einer der persönlicheren Filme des bedeutendsten zeitgenössischen Regisseurs Mexikos, von dem man hier eher Hollywood-Arbeiten wie »Hellboy« kennt.

Auf den Punkt inszeniert

Del Toro nimmt seine Geschichte ganz ernst: die des faschistischen Terrors, den er brutal auf den Punkt inszeniert, und die eines einsamen Mädchens, das versucht, den Prüfungen des Daseins gewappnet entgegenzutreten und den Sinn ihres Lebens zu erkennen. Die Welt Pans, die Wirklichkeit von Feen, von gigantischen Kröten, einem rochen­gesichtigen Monster, von Zauberkreide und einem Buch, dessen Inhalt sich erst offenbart, wenn er wahr werden kann, ist komplexer, ambivalenter, und allen Gefahren zum Trotz einladender als jenes finstere Reich Francos, mit dem es verwunden ist und doch nicht eins: Es ist demokratischer, weil alle darin eine gerechte Chance haben – nicht wie im Spanien des Jahres 1944.

Die wahren Schreckensbilder finden sich daher auch in der politischen Realität: Wenn ein Soldat einem Wilderer, den er aus Prinzip für einen Partisanen hält, das Gesicht mit einer Flasche zerschmettert oder wenn ein Faschist einen niedergestreckten Partisanen erschießt, ins Gesicht, durch die Hand, mit der dieser matt immer wieder den Pistolenlauf von seiner Stirn drückt.

Pans Labyrinth (El Laberinto del Fauno) MEX/SP u.a. 06, R: Guillermo Del Toro,
D: Sergi López, Maribel Verdú, Ivana
Baquero, 119 Min. Start: 22.2.

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E-Mail an film@stadtrevue.de. Stichwort: Zauberkreide.