Saul Williams

Wie populistisch kann ein Anti-Populist auftreten? Zu welchen Mitteln wird ein Avantgardist greifen, der unbedingt gehört werden will? Saul Williams superkomplexe Lyrik schließt nahtlos am schwarzen Futurismus der 60er Jahre (Amiri Baraka!) an, ein wilder Mix aus Dante Aligheri, Griot-Gesängen, James-Baldwin-Poesie, obszönem Hass und Beat-Kritik. Und ja, Williams spricht sie zur Musik, aber seine Maxime lautet: »I don’t rhyme on track.« Damit verweigert er sich dem Flow, der Hookline. Einerseits.

 

Andererseits hat er mit Trent Razor, den Fugees und Mars Volta gearbeitet. Seine Musik, vor allem seine frühe (»Amethyst Rock Star«), ist mehr Rock als HipHop, mehr Living Colour als Public Enemy. Er hat U2 gecovert, trat in Werbekampagnen einer Turnschuhmarke auf — und wurde des Ausverkaufs geziehen. Jetzt galt er als plakativer Rock-Prediger, der übrigens sehr wohl »on track« rezitieren kann.

 

Bei allem medialen Gehampel hat Williams aber nie einen Abstrich von seinen kunstvollen Gedichten (die er auch in Büchern gesammelt und veröffentlicht hat) gemacht, ist nicht von seinem Antimilitarismus, seiner Wut auf die Willkür der Cops, seiner Analyse, das in jedem Rassismus ein Klassenkampf (oben gegen unten) steckt, abgerückt. Mit seinen grellbunten, aber immer irgendwie immer modischen Klamotten, seiner hochdramatischen Frisur könnte man ihn leicht für einen Selbstdarsteller halten, aber schließt die Augen, achtet nur auf die Stimme, die stets gestochen klar deklamiert, wartet, bis die Beats donnern — und das Geflirre um ihn herum, diese etwas zu schrille Inszenierung spielt keine Rolle mehr.

 

Der 45-jährige Saul Williams ist ein Musiker, Dichter, Aktivist, mit dem die Popkultur nicht so schnell fertig wird: Zu radikal, um es allzu lange auf den Partys der Liberalen auszuhalten; zu wuchtig, um die Geduld der Hipster noch länger strapazieren zu können.

 

In Köln tritt er jetzt im Funkhaus auf, wo er doch ins AZ gehörte. Allerdings bietet dieser offiziöse Rahmen die Chance, ihn im Dialog mit einem Streichquartett zu hören. Zwei zeitgenössische Komponisten, Ted Hearne und Thomas Kesseler, haben Tönen und Klänge zu seinen Gedichten gefunden. Mittendrin: Saul Williams, natürlich. Verzeihen Sie das Pathos, aber der Kampf geht weiter.

 

StadtRevue präsentiert

 

So 7.5., Funkhaus am Wallrafplatz,
Acht Brücken-Festival, 20 Uhr.
Williams tritt mit dem Mivos Quartet auf.

 

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