Evas rechte Ferse

Die große Düsseldorfer Cranach-Schau

präsentiert den Stand der Forschung

»Ich liebe diese Cranachs, ich liebe sie. Der alte Cranach. Diese hochgewachsenen Akte«, so begeisterte sich 1949 der Erfinder des Ready Made Marcel Duchamps über den Renaissancekünstler. Aber heutzutage eine weitere Cranach-Ausstellung? Anlass ist das enge Verhältnis zwischen Lucas Cranach (1472-1553) und Martin Luther, passend zur 500-Jahrfeier der Reformation. Außerdem ist das Cranach Digital Archive, ein internationales Forschungsprojekt der TH Köln, am Düsseldorfer Museum Kunstpalast angesiedelt und bietet neue Erkenntnisse. Die daraus resultierende Vernetzung ermöglicht zugleich seltene Leihgaben, die es erlauben, das ganze Spektrum der innovativen Bildfindungen Cranachs, aber auch Neuzuschreibungen zu entfalten.

 

Die Kuratoren der Ausstellung haben sich viel vorgenommen, auch die anschauliche Rekonstruktion der Arbeit in Cranachs produktiver Werkstatt und die Darstellung ihrer eigenen kunsttechnologischen Untersuchungen. Sie haben sich dabei nicht verhoben. Dazu ist die Ausstellung auch noch unterhaltsam: Cranach hatte, neben guter Beobachtungsgabe und einem Gespür für Marketing, auch einen Sinn für Skurriles. Selbst auf einem Tafelbild wie »Melancholie« von 1532 sind herrliche Details zu entdecken. Es kann lutherisch gedeutet werden, weil die Hände der Dargestellten nicht untätig sind und auf dem Tisch Essen bereit steht, also die These illustriert scheint, dass der Traurigkeit als Versuchung des Teufels durch Tatkraft und Stärkung begegnet werden könne. Bezaubernd der munter schaukelnde Putto, der im Hintergrund ausgelassen unterhalb der apokalyptischen Reiter schwingt, von seinen Kameraden beobachtet, die offenbar als Nächste dran sind.

 

Weitere Bilder lassen erkennen, wie mutwillig der produktive Meister sein konnte. Die fast lebensgroße Eva, um 1510 entstanden, hat ihre rechte Ferse verlegen auf den linken Vorderfuss gestellt, Adam blickt angemessen skeptisch, das Unglück ist bereits geschehen. ­Präzise erfasst ist der etwas angewiderte Gesichtsausdruck und die abwehrende Geste von Herodes, dem ein Tablett mit Früchten und, von seiner Stieftochter Salome, der Kopf Johannes des Täufers gereicht wird.

 

Die Faszination, die Lucas Cranach auf nachfolgende Künstlergenerationen ausübte, wird in der Ausstellung in zahlreichen Adaptionen von Picasso bis Yasumasa Morimura dokumentiert. Doch auch bei der Betrachtung der Originale ist sie stets nachvollziehbar.