Foto: Dörthe Boxberg

Aufbruch statt Abbruch

Ein Integriertes Handlungskonzept soll den Niedergang von Porz stoppen

 

»Ziel vieler netter Leute« — der Slogan prangt an der Lichterkette über der Fußgängerzone des Porzer Zentrums. Aber Porz ist kein Ziel vieler Leute, weder netter noch anderer. Das Zentrum der ehemaligen Stadt soll »revitalisiert« werden, es ist seit Jahrzehnten im Niedergang begriffen.

 

Porz hat vor allem Konzepte zu bieten. 2010 wurde ein Entwicklungskonzept Porz-Mitte beschlossen, passiert ist so gut wie nichts. Nun soll dies Grundlage eines »Integrierten Handlungskonzepts« sein, das die landeseigene Entwicklungsgesellschaft NRW Urban erstellt. Die Porzer konnten Ende März im Porzer Rathaus an »Thementischen« diskutieren und Vorschläge auf Metaplankärtchen -schreiben lassen. Bis 18. April gab es zudem eine Online-Beteiligung. Immerhin.

 

Bislang wurden die Bürger nicht ernsthaft beteiligt. Vor zwei Jahren richtete die Stadt einen »Bürger-Workshop« zu der Frage aus, wie der Porzer Friedrich-Ebert-Platz samt Hertie-Ruine umzugestalten sei. Doch Stadtspitze und die städtische Entwicklungsgesellschaft Moderne Stadt lancierten ihre bevorzugte Lösung, indem sie als Alternative bloß Strohmann-Varianten vorstellten.

 

Die Ruine des Hertie-Warenhauses, das die Stadt 2014 nach Jahren des Leerstands kaufte, um es demnächst abzureißen, wurde dabei nicht nur zum Symbol, sondern auch zum Grund des Porzer Niedergangs erklärt. Was nach einem Abriss geschehen würde, interessierte die Bürger dann kaum noch. Hauptsache Abrissbirne. So kam es, dass nun drei neue Gebäude errichtet werden, die vorrangig dem Konsum dienen. Moderne Stadt hofft, einen Vollsortimenter als »Frequenzbringer« ansiedeln zu können. Doch an Lebensmitteln fehlt es in Porz-Mitte gar nicht — sondern an hochwertigen Sortimenten: Feinkost, Kleidung, Spielwaren, Schulbedarf. Für Attraktionen aus den Bereichen Freizeit und Sport, Kultur und Jugendkultur fehlten die Ideen, und wenn Bürger sie anregten, hieß es, sie seien unrealistisch.

 

Das Integrierte Handlungskonzept eröffnet nun mehr Spielraum. »Porz groß«, so die interne Abkürzung für die Planungen, wird zwar »Porz klein«, also die Pläne für den Friedrich-Ebert-Platz, nicht mehr grundsätzlich korrigieren können. Doch soziale, kulturelle und Bildungsangebote sollen verbessert und abgestimmt werden, hinzukommen die Gestaltung von Grünanlagen sowie die Lenkung des Verkehrs. 

 

Es geht um ein Gebiet, größer als 60 Fußfelder. Das Dezernat von Planungsdezernent Franz-Josef Höing hat bereits zehn Themen gesetzt, wo Handlungsbedarf besteht: Dazu zählen die schäbige zentrale KVB-Haltestelle »Porz Markt«, der soziale Brennpunkt »Papageien-Siedlung«, die fehlende Anbindung der Uferpromenade sowie die stark befahrene Hauptstraße, die das Zentrum vom Rhein abschneidet.

 

Die Erfahrung lehrt aber Skepsis: Es dauert Jahre, bis ein läppisches Ufermäuerchen am Abgang zur Rheinpromenade saniert wird; die historische Rekonstruktion eines Pavillons und der Ufertreppe zieht sich ähnlich lang hin, und auf dem Friedrich-Ebert-Platz vor der Hertie-Ruine waren monatelang abgebrannte Ladenzeilen zu sehen. Lange stand dort ein Bauzaun mit Planen — aufgedruckt ein Porz-Panorama aus besseren Tagen. All das ist lächerlich, all das ist bestürzend. Und mehrere Bezirksbürgermeister haben das Problem kleingeredet.

 

Für einen Mentalitätswandel steht derzeit das Bündnis Porz-Mitte, hinter dem sich mittlerweile mehr als 300 Bürger versammeln und in dem zahlreiche Ideen und Varianten entwickelt werden. Die Initiative geht zwar zurück auf den Kölner SPD-Chef Jochen Ott, der aus Porz stammt und hier seinen Landtagswahlkreis hat. Doch das Bündnis hat sich mittlerweile parteipolitisch unabhängig gemacht; Vorsitzende mit CDU- und SPD-Parteibuch haben hingeschmissen. In der Politik wird die Initiative skeptisch beäugt, und aus der Initiative hört man, die Vertreter der Porzer Politik gingen auf Distanz. 

 

Daher bestand die Bezirksvertretung (BV) Porz mehrheitlich darauf, auch Politiker in den Beirat des »Integrierten Handlungskonzepts« zu entsenden — obgleich die BV ohnehin letztlich die Entscheidungen trifft. Man traut den Bürgern nicht — und das, obwohl aus der Initiative weitaus mehr Vorschläge kommen als aus der BV. Derzeit führt das Bündnis aber viele Gespräche, auch mit Moderne Stadt und den städtischen Ämtern. Arbeitskreise entwickeln Ideen zu vielen Themenfeldern, eine grundlegende Strategie wird gerade erarbeitet.

 

Doch schon Anfang Mai stellt NRW Urban die Pläne des »Integrierten Handlungskonzepts« vor. Das ist Bedingung, um Fördermittel des Landes zu erhalten. Es wird wichtig sein, wie die Bürger hierauf noch Einfluss nehmen können — und wie weit sich die Politik ihren Vorschlägen öffnet.