Manfred Geier: »Wittgenstein und ­Heidegger. Die letzten Philo­sophen«

Ludwig Wittgenstein und Martin Heidegger zusammen in eine Doppelbiographie zu spannen: Das scheint abwegig. Zu verschieden sind ihre Lebenswege, zu gegensätzlich ihre Philosophien. Aber auf diese Verschiedenheit kommt es Manfred Geier, der sich als literarisch versierter Philosophiehistoriker profiliert hat, an. Denn Wittgenstein und Heidegger eint zunächst sehr viel: das bedeutungsschwangere Geburtsjahr (1889), die gleichen prägenden Lektüreerlebnisse (Nietzsche), der antibürgerliche Habitus, der Wille, eine neue Fundamentalphilosophie zu schaffen, die radikal mit Metaphysik und Positivismus bricht. Aber aus diesen Gemeinsamkeiten erwächst keine Einigkeit. Wittgenstein ist elegant weltläufig, Heidegger derb bodenständig; beide verhimmeln das einfache Landleben, aber Wittgenstein sehnt sich nach dem Bauernanarchismus eines Tolstoi, Heidegger denkt es antisemitisch-völkisch. Zuletzt appellierte Heidegger an den abwesenden Gott, während Wittgenstein die Mitmenschlichkeit entdeckt. Die Moderne, für und gegen die sie geschrieben haben, bildet keine Klammer. Die gleichgestimmten Philosophen stehen sich am Ende zutiefst fremd gegenüber, Symbole ihrer unfriedlichen Zeit.