Hurra, die Schule brennt!

Die Stadt kommt beim Schulbau nicht voran. Nun sollen General­unternehmer helfen

Rund um den Klingelpützpark ragen Kräne in die Höhe. Hier entsteht die Bildungslandschaft Altstadt-Nord, bestehend aus vier Schulen, Kindergarten, Freizeitanlage und Jugendverband. Was den Schulbau angeht, ist dies — neben der Heliosschule — das Kölner Vorzeigeprojekt: ein Areal mit Campus-Charakter, mit gemeinsam genutzter Mensa und Bibliothek, zum Viertel hin offen und unter Beteiligung von Schülern, Lehrern und Anwohnern geplant. 2018 soll ein Großteil fertig sein.

 

Doch während die Schüler der Bildungslandschaft Nord bald in Räumen unterrichtet werden, die ganz auf moderne Lernkonzepte ausgerichtet sind, können andere froh sein, wenn ihnen die Verwaltung rechtzeitig zum neuen Schuljahr noch einen Container auf den Pausenhof stellt. Ein großer Teil der Kölner Schulen muss dringend saniert werden. An manchen Schulen kommen Leistungskurse nicht zustande, weil die Fachräume kaputt sind. »Wir nehmen den Schülern Bildungschancen«, sagt Reinhold Goss, Vorsitzender der Stadtschulpflegschaft.

 

Seit Jahren steigen die Schülerzahlen. 159 Schüler bekamen im Frühjahr lediglich einen Platz an weit entfernten weiterführenden Schulen zugewiesen, was einen Schulweg von bis zu drei Stunden pro Tag bedeutet. Eltern vor allem im Kölner Westen protestierten, nun soll das Weidener Georg-Büchner-Gymnasiums auf Antrag von CDU, Grünen und FDP vorübergehend eine Zweigstelle in der Friedensschule eröffnen. Die Stadt hatte im April das Gebäude der insolventen Privatschule in Widdersdorf gekauft.

 

Während sich CDU-Parteichef Bernd Petelkau dafür rühmt, »dass unser Einsatz für eine wohnortnahe Lösung und damit für kürzere Schulwege erfolgreich war«, weist die Kölner SPD-Fraktion darauf hin, dass sie bereits 2013 einen Schulneubau an der Aachener Straße vorgeschlagen habe. Diesen Standort hätten CDU und Grüne im Rat allerdings abgelehnt, weil »ihnen der Schutz von Insekten und Brombeerhecken wichtiger« gewesen sei. Nun spielten CDU und Grüne die Feuerwehr für einen Brand, den sie selbst gelegt hätten.
Dieser Brand schwelt allerdings schon viel länger. Seit seiner Gründung im Jahr 1997 kommt das Amt für Gebäudewirtschaft mit der Sanierung und dem Neubau von Schulen nicht hinterher. Über die Gründe ist viel geschrieben worden: Personalmangel, zu lange Abstimmungsprozesse mit anderen Behörden wie dem Vergabe- und Liegenschaftsamt, fehlende Transparenz. »Da schreibt man als Stadtschulpflegschaftsvorsitzender eine E-Mail an die angegebene Projektleiterin und bekommt nicht einmal eine Eingangsbestätigung«, schildert Goss. Und wenn es nach jahrelangem Warten doch endlich losgehe mit der Sanierung, komme das häufig einem Überfallkommando gleich: »Dann heißt es plötzlich, ab nächster Woche ist hier Baustelle.«

 

Zuletzt standen mehr als 200 Schulbaumaßnahmen auf der To-Do-Liste der Gebäudewirtschaft. Weil offenbar niemand mehr auf Besserung hofft, haben Baudezernent Franz-Josef Höing, der auch für die Gebäudewirtschaft verantwortlich ist, und Stadtdirektor ­Stephan Keller im März ein Sonderprogramm vorgeschlagen. 15 Schulbauprojekte sollen an General­unternehmer vergeben und innerhalb von fünf Jahren abgeschlossen werden.
Darüber hinaus gibt es Über­legungen, eigens für den Schulbau eine städtische Tochtergesellschaft zu gründen, wie es sie beispielsweise in Düsseldorf gibt. Sie würde nicht den Vergabevorschriften der Stadt unterliegen, und es wäre keine Abstimmung mehrerer Ämter nötig. »Mit einer solchen Gesellschaft könnte man auch endlich in der Personalfrage weiterkommen, denn in einer GmbH könnte man den Leuten mehr zahlen als den städtischen Tarif«, so Gerd Brust, der für die Grünen im Bauauschuss sitzt.

 

Mit diesen Überlegungen steht die Stadt aber noch ganz am Anfang. Reinhold Goss von der Stadtschulpflegschaft kann nicht erkennen, dass die Stadt den Schulbau nun konsequent angehen würde. »Da präsentiert Herr Höing schöne Pläne für den Deutzer Hafen, aber an eine Schule wird wieder nicht gedacht«, so Goss. Auch das Sonderprogramm überzeugt ihn nicht. »Dahinter verbergen sich lediglich vier Neubauten, vier Erweiterungen und vier Sanierungen. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein.« Er sieht auch nichts Besonderes darin, dass die Generalunternehmer die Bauprojekte in fünf Jahren abschließen sollen. »Das ist kein Notprogramm, sondern eine ganz normale Bauzeit.«

 

In den vergangenen Jahren hat die Stadt schon öfter versucht, den Schulbau zu beschleunigen: Der Planungsbeschluss, mit Öffentlich-Privaten Partnerschaften das Schulzentrum in Weiden, eine Grundschule in Ossendorf und zwei Realschulen in Mülheim zu sanieren, ist elf Jahre alt. Gebaut wird immer noch nicht. Sechs Schulen sollen zudem in Containerbauweise errichtet werden, doch auch hier gibt es Verzögerungen. Was auch immer aus dem aktuellen Sonderprogramm wird — in den Sommerferien lässt die Verwaltung erst einmal 57 neue Container an den Schulen aufstellen.