Der Verkehr der Zukunft (Foto: Verena Gorny)

Bitte aufsatteln, Frau Reker!

In Köln gibt es zu viele Autofahrer und zu wenig Fahrradfahrer. Das weiß die Stadt — sie muss ­endlich dementsprechend handeln

Henriette Reker würde in Köln gern häufiger mit dem Fahrrad fahren. Davor aber habe sie Angst, erzählte die Oberbürgermeisterin jüngst auf der »Radkomm«, dem »Forum für Radverkehr«. Auf dem Sattel sitze sie daher nur im Urlaub, in Köln fahre sie Auto. Das hat Reker mit vielen Kölnern gemein. Doch im Unterschied zu denen kann sie als Verwaltungschefin an diesem Zustand etwas ändern. Das möchte sie offenkundig. Mehr ­Fahrräder, weniger Autos — an diesen Worten muss sie sich ­messen lassen.

 

Ein Erkenntnisdefizit gibt es an der Kölner Stadtspitze nicht mehr. Die Notwendigkeit der Verkehrswende hat man begriffen — auch, weil keine Wahl mehr bleibt. Öffentlicher Raum ist knapp. Dass Köln als Autogerechte Stadt gebaut wurde und entsprechend genutzt wird, trägt entscheidend dazu bei. Autos, im Schnitt mit weniger als zwei Personen besetzt, nehmen für wenig Fortbewegungsleistung viel Platz in Anspruch. Dass es dort, wo Raum für Menschen fehlt, lächerlich günstige oder kostenlose PKW-Stellplätze gibt, ist zudem eine absurde Privatisierung öffentlichen Raums. Doch der Platz ist nur das eine Problem — die Luft das andere. Köln überschreitet seit Jahren die EU-Grenzwerte für Stickstoffdioxid. Der Stadt sitzen die Bezirksregierung und die ­Deutsche Umwelthilfe im Nacken. Zwar ist motorisierter Individualverkehr nicht allein Ursache für derlei Missstände, aber eine wesentliche. In der Stadt hat das Auto gegenüber dem Rad keinen einzigen Vorteil für das Gemeinwohl.

 

Ein Handlungsdefizit gibt es auf den Straßen Kölns aber weiterhin. Maßnahmen fehlen oder brauchen zu lange — siehe Radverkehrskonzept Innenstadt. Deshalb hat das Bündnis »RingFrei« jüngst der Stadt die Zusammenarbeit aufgekündigt.

 

Die Verkehrswende darf kein Feld für Symbolpolitik sein: mit einer Fahrradstraße hier und einer Fahrradampel dort. Verkehrsdezernentin Andrea Blome wird ein Konzept umsetzen müssen, mit dem sie den Radverkehr flächendeckend und zeitnah stärkt. Welches Verkehrsmittel sie protegiert, was angesichts von regelmäßigen Unfällen mit Todesfolge durchaus wörtlich gemeint ist, wird darüber entscheiden, ob Köln seinen Verkehr zukunftsgerichtet organisieren kann. Um sich künftig häufiger auf den Sattel zu schwingen, muss die Bevölkerung durch Verkehrsplanung ermuntert werden, aber auch durch positiv besetzte Bilder. Von Gesundheit, Spaß, Lebensqualität — oder von einer Oberbürgermeisterin, die Fahrrad fährt.