Neues aus der Ionosphäre

Die Kölner Produktionsreihe Klangwelle stellt Nachwuchskomponisten vor

Wie gelingt einem als junger Komponist kurz vor oder nach dem Diplom die erste Veröffentlichung auf den Markt? In der Nische »Neue Musik« ein schwieriges Unterfangen.  Zumal die technischen Ansprüche an Aufnahmen zeitgenössischer Ensemblemusik hoch sind. Doch ohne Veröffentlichung hat man wenig Chancen auf Aufträge und Kooperationen. Angestoßen von Johannes Schöllhorn, Kompositionsprofessor an der Kölner Musikhochschule, gibt es nun die Möglichkeit, mit fachkundiger und finanzieller Unterstützung zur ersten eigenen CD zu kommen: Die umtriebigen Netzwerker von »ON — Neue Musik Köln« haben sich der Sache angenommen und mit dem aufstebenden Ensemble hand werk eine Produktionsreihe für junge Komponisten lanciert: »Kurzwelle«.

 

Die erste CD der Reihe vereint Kompositionen von Elnaz Seyedi, Francisco C. Goldschmidt, Matthias Krüger und Max-Lukas Hundelshausen. Seyedi, 1982 in Teheran geboren, geht es erkennbar um die Spannung zwischen dem Eigenen und dem Fremden. Sie hat bei dem einflussreichen iranischen Komponisten und Multikulturalisten Alireza Mashayekhi studiert. Ihr Stück »Fragmente einer Erinnerung« orientiert sich an den großen Glissandi-Architekten Ligeti und Xenakis — vermutlich nicht von ungefähr, waren beide ebenfalls entwurzelte Komponisten Der Chilene Goldschmidt (*1981) vereint in seinem Stück  »...murmuró con furia...«, etwa »...Er murmelte mit Wut...« obertönigen Kammer-Ambient mit wiederkehrenden, wohlgesetzten Ausbrüchen. Die im Titel bereits durch den Dreipunkt angedeutete Weite findet in der Musik ihren Ausdruck in einer ostasiatisch anmutenden Kontemplation. Krüger, 1987 in Ulm geboren, war als Gaststipendiat bereits an der Sorbonne und an der Columbia in New York, er studiert seit 2007 in Köln. Er verwebt in dem 2015 in Istanbul komponierten »LAL (First Draft)« orientalische Klangteppiche mit anarchistisch-theatralischem Gestus. Der in Detmold studierende Hundelshausen ist der jüngste der Viererbande und kann seine Komponierstube bereits mit Auszeichnungen tapezieren. Er sucht in »SUR/ROGATE« zirzensisch-figurative Muster im kollabierenden Maschinenspektakel.

 

Die Stücke sind allesamt intensive Kompositionen, die neugierig machen. Sie sind, so Schirmherr Schöllhorn anerkennend, »fundiert« und vom Ensemble hand werk in ebenso eindringlicher Weise realisiert.