Wird schon nicht umfallen: Stadtrevue-Redakteurin bei der Probefahrt, Foto: Dörthe Boxberg

Stadtpartie mit Esel

Ein neues Verleihsystem für E-Lastenräder soll den Verkehr revolutionieren. Ob das klappt? Ein Selbstversuch

Ich soll ein neues Elektro-Lastenrad ausprobieren. Man sieht es in Köln schon an einigen Ecken herumstehen, es ist 2,60 Meter lang, 55 Kilogramm schwer, hat eine grasgrüne Plane und heißt Donkee. Eine Art elektrischer Lastenesel also, der zwei Kinder und insgesamt hundert Kilo Ladung transportieren kann. Mit diesem Rad soll das Auto in der Großstadt so gut wie überflüssig werden: Anstatt den Kombi vollzuladen, kann man in Köln künftig den Donkee ausleihen. Betrieben wird das europaweit einmalige Verleihsystem für E-Lastenbikes von Green Moves Rheinland, einer Tochter des Energieversorgers Naturstrom.

 

Das Mieten soll so funktionieren: Nach einer Online-Registrierung reserviert man mithilfe einer App eins der fünfzig Räder und holt es anschließend an einem der 35 Standorte im linksrheinischen Köln ab, Schwerpunkte sind Ehrenfeld, Südstadt und Neustadt-Nord. Dorthin bringt man das Lastenrad nach der Miete auch wieder zurück. Gedacht ist es für Großeinkäufe, den Transport kleinerer Möbelstücke oder auch für Familienausflüge, denn in der Transportbox sind zwei Sitze für Kinder bis zu sieben Jahren eingebaut. Für rund 75 Kilometer reicht der Akku, der danach am Donkee-Standort wieder aufgeladen wird, selbstverständlich mit Ökostrom. Null Emissionen, null Feinstaub, großes Fahrvergnügen, so preist der Energieversorger sein Fahrzeug an.

 

Bevor der Betrieb im August losgeht, darf ich ein solches Rad eine Woche lang testen. Ich schnalle die Kinder vorne fest, steige auf und bereue auf der Stelle, mich auf das Experiment eingelassen zu haben. »Mama, das wackelt!«, ruft mein Sohn und krallt sich an der Kiste fest. »Keine Sorge, es wird schon nicht umfallen«, sage ich, ohne recht daran zu glauben, und fahre in Schlangenlinien durch den Mediapark. Kurz darauf kommt mir eine Bekannte zu Fuß entgegen, ich will neben ihr zum Stehen kommen und schramme haarscharf an einer Hauswand vorbei. »Na, probiert ihr mal was Neues aus?«, fragt sie skeptisch.

 

Dieser störrische Esel soll die Verkehrswende bringen? Mir kommen Zweifel. »Zugegeben, das Fahrgefühl ist anfangs ungewohnt. Ich empfehle, einfach über die Kiste hinweg zu gucken«, sagt Tim Loppe, Sprecher von Naturstrom. Zudem werde jeder, der sich zum ersten Mal ein E-Lastenbike ausleihe, vom Stationspartner kurz in den Umgang eingewiesen. Auch eine Probefahrt sei möglich. 

 

Das Interesse der Passanten an dem Riesenfahrrad ist jedenfalls enorm. Ungeniert werden ich und meine Fracht angeglotzt, kaum halte ich an einer Ampel, werde ich auf das Gefährt angesprochen. In Ehrenfeld hält eine Frau mitten auf dem Radweg an. »Wie viel Kilo schafft der?«, fragt sie, den Donkee taxierend. Sie ist mit ihrem eigenen E-Lastenrad unterwegs, will sich aber trotzdem beim Verleihsystem anmelden, weil man damit noch mehr transportieren könne. Ihrer kann nur 80 Kilo, meiner kann 100. Nach diesem PS-Vergleich unter Ökos fährt sie weiter; im Korb ihr Sohn, der tatsächlich Moses heißt.

 

Am nächsten Tag habe ich mich ein wenig an den Esel gewöhnt und beschließe, eine Radtour ins Umland zu unternehmen. Auf den Feldwegen fährt es sich prima, die wenigen Hügel bringen mich nicht ansatzweise ins Schwitzen, die Kinder amüsieren sich. Wie lahm die anderen Radfahrer doch sind! Es beginnt, Spaß zu machen, und nach 15 Kilometern verstehe ich, warum E-Bikes nicht mehr nur bei der älteren Generation angesagt sind. Leider muss ich irgendwann zurück in die Stadt und das Rad wieder über enge Radwege und zwischen Pollern hindurch nach Hause manövrieren.

 

Doch, man gewöhnt sich daran. Und praktisch ist es auch. Innerhalb von einer Woche habe ich mit dem Rad neben den Kindern auch Einkäufe, Laufrad, Nudelsalat und Fotoausrüstung transportiert. »Du fährst schon viel besser, Mama«, sagt mein Sohn. Leider sind wir da schon auf dem Weg zur Rückgabestation.

 

Auf donk-ee.de kann man sich als Nutzer registrieren (bis Ende August kostenlos) und die Verleih-Standorte anzeigen lassen. Die erste Stunde kostet 3,50 Euro, jede weitere 2,50 Euro.