Der Tatort heute: Flüchtlingsheim in Mülheim, Foto: Dörthe Boxberg

Die Prozessunordnung

Für einen Anschlag auf ein Flüchtlingsheim in Mülheim im Jahr 2016 ist noch niemand verurteilt worden

 

 

Am Abend des 2. Januar 2016 machten sich Patrick H. und Dominik N. mit Böllern und Bengalo-Fackeln auf den Weg in ein Gewerbegebiet im Norden Mülheims. Dort befindet sich eine Flüchtlingsunterkunft. Die beiden sollen zunächst versucht haben, ein Fenster aufzubrechen. Aufgeschreckt von den Geräuschen, öffneten die Bewohner das Fenster, woraufhin N. und H. einen Bengalo auf das Haus geworfen haben sollen. Die Fackel verfehlte jedoch den Raum, in dem zwölf Menschen vor dem Fernseher saßen, und brannte an der Hauswand aus. Laut Anklage haben die beiden damit »ein Zeichen gegen die Flüchtlingspolitik« setzen wollen — auf ihren Fackeln hatten sie einen Pegida-Schriftzug angebracht.

 

Patrick H. und Dominik N. sind in der rechten Szene keine Unbekannten. H. hat im Herbst 2014 an der Demo der »Hooligans gegen Salafisten« (Hogesa) in Köln teilgenommen, die Hogesa-Neuauflage im Oktober 2015 besuchte er dann gemeinsam mit N. Dabei soll er laut Staatsanwaltschaft Köln »einen sogenannten Polenböller auf einen Hundeführer geworfen« haben. Auch direkt nach dem Anschlag auf das Flüchtlingsheim waren die beiden wieder auf der Straße. Am 9. Januar 2016 haben sie an der Pegida-Demo am Kölner Hauptbahnhof teilgenommen, die nach wenigen hundert Metern von der Polizei mit einem Wasserwerfer aufgelöst wurde. N. und H. hatten bei dieser Demonstration das Front-Transparent des Hooligan-Blocks getragen.

 

Im April 2016 erhebt die Staatsanwaltschaft gegen Patrick H. und Dominik N. Anklage. Beiden wird versuchte schwere Brandstiftung und gefährliche Körperverletzung sowie ein Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz vorgeworfen. H. ist zudem wegen des Böllerwurfs und Vermummung im Herbst 2015 angeklagt. Im Oktober 2016 war der erste Verhandlungstermin am Amtsgericht Köln angesetzt. Er musste abgebrochen werden, weil eine Zeugin nicht erschienen war und weitere Zeugen benannt wurden, die das Gericht erst ausfindig machen musste. Auch ein Termin im Frühjahr 2017 kam nicht zustande. Der letzte Versuch Ende Juni 2017 scheiterte, weil einer der beiden Angeklagten nicht erschienen war. 

 

Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn schließt aus, dass sich die beiden Angeklagten abgesprochen haben, um die Gerichtstermine platzen zu lassen. Zweifel hat er aber auch an einer anderen Theorie. Angeblich soll Dominik N. an einem Aussteigerprogramm des Landes NRW teilnehmen. Eine entsprechende Stadtrevue-Anfrage beim NRW-Innenministerium blieb jedoch ohne Ergebnis. Im Netz zeigte sich Dominik N. vor wenigen Wochen noch mit einem Tattoo: »Meine Ehre heißt Treue« — der Wahlspruch der SS. 

 

»Im Prozess werden solche Dinge bei der Frage nach den persönlichen Verhältnissen erörtert«, erklärt Gerichtssprecher Wolfgang Schorn. Am 28. Juli ist die nächste Gelegenheit, diese Frage zu stellen. Diesmal wird der Prozess wohl stattfinden — gegen den Angeklagten, der beim letzen Mal nicht erschienen war, ist mittlerweile ein Haftbefehl gestellt.