Adieu, Alexandra Kassen

Anlässlich eines Interviews zum 50. Jubiläum ihres Senftöpfen-Theaters hat Alexandra Kassen erzählt, dass sie schon sehr mit sich gehadert habe, vor 45 Jahren die Leitung einer der bekanntesten deutschen Kleinkunstbühnen zu übernehmen. Köln war für sie, gebürtige Bayerin und Tochter aus einer wohlhabenden Regensburger Familie, nicht die Liebe auf den ersten Blick. Aber gerade war ihr Mann Fred Kassen, Songschreiber, Komponist, Regisseur, Pianist und Mitglied der Comedian Harmonists, mit dem sie das Haus zusammen leitete, unerwartet verstorben. Alexandra Kassen traf eine Entscheidung und blieb.

 

Zum Glück. Denn in Köln gab es zu der Zeit sieben Theater, aber außer dem Senftöpfchen kein weiteres Kabarett. Die scharfe Zeitkritik, die sie auf den Spielplan setzte, tat der Stadt gut. Das kleine Theater entwickelte sich zu einer Top-Adresse für politisches Kabarett, die Liste derer, die hier zu Ruhm gekommen sind, ist lang: Gert Fröbe, Hanns Dieter Hüsch, Dieter Hildebrandt, Harald Schmidt, Sissi Perlinger, Wilfried Schmickler, Jürgen Becker, Konrad Beikrichner, um nur einige Namen zu nennen. 

 

Aber auch den Nachwuchs zu fördern war der Prinzipalin sehr wichtig. Unter anderem hatte der Berliner Chansonnier Tim Fischer, dort seine Auftritte, als er, die Glamour-Queen und heute unbestritten der beste Georg-Kreisler-Interpret, noch kaum bekannt war. Unvergessen bleibt auch Kassens Mut, als sie 1973 mit den »Folies Parisiennes« die erste Fummel-Travestieten nach Köln holte und damit gleich vier Wochen lang die katholisch-kölsche Seele in Wallung brachte. 

 

Dass sie, »et Hötche«, übrigens immer Hut getragen hat, hat seine Wurzeln in ihrer Kindheit. Aufgewachsen im klösterlichen Internat, wurde ihr beigebracht, dass eine Dame nie ohne Hut und Handschuhe das Haus verlässt. Diese Grande Dame in ihrer unverwechselbaren Art aus mondän, majestätisch und doch irgendwie so wundervoll bodenständig wird Köln fehlen. 

 

Ihre Tochter Alexandra Kassen junior führt das Programm im Sinne ihrer Mutter weiter. Sie leitet als Nachfolgerin die Bühne seit 2011.