Gläserne KVB-Haltestelle: So sieht eine Todesfalle aus, Foto: Manfred Wegener

Streifenfrei tödlich

Glasfassaden sind in Köln für viele Vogeltode verantwortlich. Schwarz-Grün möchte das ändern

Trends gibt es in der Mode oder beim Essen. Trends gibt es aber auch beim Tierschutz. Einer von ihnen heißt »Vogelschlag« — und der hat nun Köln erreicht. »Wir können mit bescheidenen Mitteln einen großen Effekt erzielen«, sagt Jörg Schallehn. Er sitzt für die Grünen im Umweltausschuss. Dort hat er einen Antrag eingebracht, mit dem die Grünen und die CDU erreichen möchten, dass weniger Vögel in Köln sterben, weil sie gegen Glasfassaden fliegen.

 

Dass das Problem für viele unbeträchtlich klingt, weiß Schallehn: »Anfangs sind wir belächelt worden.« Dabei ist der Missstand massiv: Für den Bestand von einheimischen Vogelarten gibt es in Deutschland kaum eine größere Gefahr als Glas. Es ist oft ein nicht sichtbares Hindernis, auch täuschen Spiegelungen die Tiere. In Köln kommen so etliche tausend Vögel pro Jahr um. Für das gesamte Bundesgebiet gehen Grüne und CDU von etwa 20 Millionen getöteten Tieren pro Jahr aus. »Das Problem ist bekannt«, sagt Alexander Heyd vom Bonner Verein Komitee gegen den Vogelmord. »Es unternimmt bislang aber niemand etwas dagegen.«

 

In Köln möchte man der Aufgabe pragmatisch begegnen. »Auf Privatbesitz Einfluss zu nehmen, ist schwierig«, sagt Grünen-Politiker Schallehn. »Aber was uns gehört, können wir leichter ändern.« So etwa die Haltestellen der KVB. Bei denen setzt der einstimmig beschlossene Antrag an: Bis 2020 sollen »alle Wartehäuschen und baulichen Anlagen der KVB« mit Glaselementen »vollständig mit einem Vogelschutz nachgerüstet werden«. In Köln gibt es 504 Fahrgastunterstände an Straßenbahnen, fast doppelt so viele an Bus-linien. Alle haben Glaselemente.

 

Dennoch sei der Aufwand überschaubar, beteuert Schallehn. Glasscheiben müssen nicht ausgetauscht werden, die Materialkosten für Klebefolien liegen bei zehn bis 80 Euro pro Quadratmeter. Auch werde die Stadt nicht vollgeklatscht mit Aufklebern von schwarzen Greifvogel-Silhouetten. Die werden zwar zuhauf verwendet, sind aber nutzlos. Stattdessen helfen bloße Streifen — ein bis zwei Zentimeter dick und mit einem Abstand von drei bis vier Zentimetern. »Das beeinflusst niemanden in irgendeiner Weise«, sagt Schallehn, und ließe gar Gestaltungsspielraum.

 

Trotzdem ist ungewiss, ob es zu einer zeitnahen Umrüstung kommt. Es gibt rechtliche Hindernisse. Erst 2014 hatte die Stadt die Gestaltung der Stadtmöblierung für die Haltestellen ausgeschrieben und sich für einen Entwurf des renommierten Büros von Norman Foster entschieden. Die Architekten halten bis 2029 das Gestaltungsrecht — und müssten ihr Einverständnis geben.

 

Grünen-Politiker Schallehn hofft derweil, dass Vogelschlag künftig als ein relevantes Problem für den Tier- und Artenschutz wahrgenommen und berücksichtigt wird. Bis dahin rät er, auch für den Hausgebrauch, zu einer wirksamen Sofortmaßnahme: »Ungeputzte Glasscheiben haben auch einen Effekt.«