Sehen nicht nur clever aus, sondern sind es auch: Phoenix

Phoenix

Ein guter Popsong braucht keine Entschuldigung. Und Phoenix haben seit ihrem Debütalbum »United« im Jahr 2000 eine Menge davon geschrieben: »If I Ever Feel Better«, »Too Young«, »Everything Is Everything«, »Lisztomania« oder »Trying To Be Cool«, um nur eine Handvoll zu nennen. Die Rockband aus Versailles mag nicht der aufregendste französische Act der 2000er-Jahre gewesen sein, sie hatte aber eindeutig die besten Hooks und schamlosesten Mitsing-Refrains. 

 

Und sie hoben recht eigentlich das Retrofakegenre Yacht Rock auf den Plan. Angesichts dessen war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, dass es Phoenix für eines ihrer Alben musikalisch nach Italien, der Heimat von Italo-Disco-Kitsch und klebrigem Dolce-Vita-Pop, verschlagen würde. Wie musikgewordenes Eis am Stil klang das im Juni erschienene letzte Phoenix-Album »Ti Amo«, das den Sommer an der Côte d‘Azur gegen den in Rimini eintauschte. 

 

Die zehn darauf enthaltenen Songs waren nochmal eine Spur süßlicher und romantischer als die Vorgängerwerke und luden zu ausgiebigen Cabrio-Fahrten bei offenem Verdeck und Sonnenuntergang entlang der Adriaküste ein. Phoenix suhlten sich im Kitsch und adaptierten ihn zu etwas weitgehend Unkitschigem, weil vor allem die Texte, die vornehmlich aus düsterer Teenager-Lyrik bestanden, einen frischen Kontrast bildeten. Der 2009 verstorbene US-Regisseur John Hughes, Schöpfer von bittersüßen Teenmelodramen wie »Breakfast Club« oder »Ferris macht blau«, hätte Phoenix sicherlich geliebt. 

 

Diese Lust an Gegensätzen hat die Band schon seit Jahren auf ihre Shows übertragen, die sinnlich und farbenfroh eine breite Palette an Reizen bis an die Grenze zum Überfluss auftragen. Man denke nur an die spektakulären Visuals zur letzten Tour, für die auch US-Künstler Richard Prince gewonnen werden konnte. Während sich Phoenix früher noch weitgehend auf die Klasse ihres Songwritings verließen und verlassen konnten, bieten ihre Auftritte mittlerweile einen Mehrwert, der sie von allen anderen Pop-Bands ihrer Klangfarbe abhebt und sie anschlussfähiger denn je macht. Damit haben sie einen Weg gefunden, als Pop-Act zu reüssieren, obwohl sie sich alters- und interessenmäßig naturgemäß immer weiter von ihrem jungen Publikum entfernen. Ein cleverer Schachzug, und am Ende ist es genau diese Cleverness, die Phoenix weiterhin die ultimative teen angst band bleiben lässt .