Endlich Raum für den Tanz!

Zwischen Oper und Tanz liegen keine Welten. Aber in Köln? Es gibt zwar die internationalen Tanzgastspiele an den Städtischen Bühnen, die von Hannah Koller kuratierte Reihe, die sowohl das Schauspiel als auch das Opernhaus beliefert. Aber Koproduktionen, wie die mit dem Belgier Wim Vandekeybus, jetzt mit dem Münchner Amerikaner Richard Siegal oder die Öffnung der Halle Kalk vor sieben Jahren für zwei freie Gruppen aus Köln bleiben Handreichungen der Schauspielsparte, nicht der Oper. Immerhin gestand Opernintendantin Birgit Meier bei der Eröffnung der Tanzausbildungsbiennale 2016, es fehle ein Tanzensemble an den Städtischen Bühnen.

 

Jetzt präsentiert ihr Haus ein mit der Kulturverwaltung ausbaldowertes »Pilotprojekt«. Zwei Tanz-ensembles der freien Szene dürfen im Interim der Oper, dem Staatenhaus, auftreten. Gefördert werden sie mit je 30.000 Euro aus dem neuen Topf »Tanzproduktionen für große Bühnen«. Solche fehlen der freien Tanzszene in Köln; auf der anderen Seite kann natürlich auch nicht jeder »große« Stücke. Stephanie Thiersch schon. Die Choreographin zeigt ihr »Bronze by Gold« von 2015, ein beeindruckend großer Tanzwirbel mit Streichquartett, Beethoven und DJ.

 

Emanuele Soavi schließlich bringt sein nagelneues, in Duisburg uraufgeführtes »Relics« mit acht Tänzern, Barockensemble und ebenfalls mit DJ nach Köln. Seine Choreographie hört auf Johann Sebastian Bachs Brandenburgische Konzerte Nr. 4 und Nr. 5 und horcht dabei in tiefe, alte Schichten des Menschseins hinein, jenseits der heute allgegenwärtigen maschinellen Kontrolle und digitalen Zerstreuung. Sie berührt »Relikte« wie die von Lava versteinerten Pompejaner, mittelalterliche Heiligenreste, Anatomielektionen und Musik, sich verzweigende und verfugende, solistische und gemeinschaftliche Klänge.

 

Soavi versucht durch eine Komposition aus Nähe, Ferne und Kontakten das archaisch Körperliche, den Leib, zum Klingen zu bringen. Der Zuschauer kann sich währenddessen frei vor der Bühne bewegen. Dass die Oper sich nun mit diesen Produktionen dem freien Tanz öffnet, war überfällig.