Protestmarsch statt Bürgerbeteiligungsverfahren: Die Schließung vieler Handwerksbetriebe sorgt für Widerstand, Foto: R. Maro / version-foto.de

Wer rettet Ehrenfeld? Teil III

Felix Klopotek ist Stadtrevue-Redakteur, wohnt seit 13 Jahren im Veedel und wundert sich über den gemütlichen Protest der Ehrenfelder

Ehrenfeld — eine Komödie

 

Bei der Kommunalwahl 2014 haben linke und linksliberale Parteien in den Ehrenfelder Stimmbezirken zwischen 70 und 80 Prozent der Stimmen erhalten. Wer sich hier für die CDU engagiert, ist Vertreter einer Minderheit. FDP und AfD spielen überhaupt keine Rolle. Ehrenfeld ist links. Aber hinter dem Rü-cken der Linkswähler, oder vielmehr: vor ihren Augen, wird ihnen das Viertel wegsaniert. Da kann doch was nicht stimmen. Dieser Widerspruch — linke Wählerschaft, aber Widerstand gegen Gentrifizierung trotzdem nur in homöopathischen Dosen —  wäre vor 20 oder 30 Jahren in einer Großstadt undenkbar gewesen.

 

Heute dagegen scheint undenkbar, dass Linke in Ehrenfeld das Underground besetzen (und sei es symbolisch) oder wenigstens beim Spatenstich auf dem Ehrenfelder Güterbahnhof angemessen unangenehm auffallen. Das Höchste, zu dem sich die Ehrenfelder Linke in den vergangenen zehn Jahren aufschwingen konnte, war eine Bürgerinitiative, die sich für ihre radikalste — und sinnvollste — Idee, nämlich einen Park auf dem Heliosgelände zu errichten, auch noch verspotten lassen musste. Es fand nie eine Brachenbesetzung statt — man erzähle diese Komödie mal Hamburger, Leipziger oder Berliner Aktivisten! Stattdessen war die Bürgerinitiative ruckzuck eingebunden in ein sogenanntes Bürgerbeteiligungsverfahren: ein Sieg der formalen Demokratie über Anliegen, die sich nur mit massivem Druck von außen und zivilem Ungehorsam durchsetzen lassen.

 

Was stimmt hier also nicht? Ganz einfach: die Prämisse. Wohl die wenigsten, die für SPD, Grüne, Deine Freunde, Die Piraten und selbst Die Linke gestimmt haben, würden sich explizit oder auch nur »gefühlt« zu einer Ehrenfelder Linken zählen. Links klingt so ideologisch, irgendwie nach Schanzenviertel. Stattdessen setzt man auf eine Politik der kleinen und kleinsten Schritte und freut sich über das Lob fast aller Parteien. Ehrenfeld soll einfach bunt bleiben, lässig und tiefenentspannt. Das finden auch die Investoren, die hier Wohnungen bauen, die bald 5000 Euro pro Quadratmeter kosten.

 


»Wer rettet Ehrenfeld»
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→ Wer rettet Ehrenfeld?
→ Ehrenfeld ist nicht mehr für alle

 


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→ Kalk (2011)
→ Mülheim (2012)
→ Porz (2013)
→ Nippes (2014)
→ Chorweiler (2015)
→ Deutz (2016)