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Sind wir noch zu retten? Wenn sich taz-Redakteurinnen und -Redakteure diese Frage stellen, meinen sie zum Beispiel das Klima. Oder die Globalisierung. Ziemlich oft aber meinen sie auch die taz selbst. Mit der Regelmäßigkeit eines Murmeltiers hat die taz in Nordrhein-Westfalen nun ihre nächste Rettungskampagne gestartet, die hof­fentlich nicht ihre letzte wird: Bis Ende Juni braucht sie 1000 neue AbonnentInnen an Rhein und Rhur – sonst sieht es schlecht aus für die vier täglichen NRW-Seiten. Mit Anzeigen, Veranstaltungen und »Straßenwahlkampf« will die taz bis zum Sommer massiv um neue Leser werben. Damit ihre Regionali­sierungsbemühungen hierzulande nicht ebenso kläglich scheitern wie die der Süddeutschen Zeitung vor gut vier Jahren.

Auf andere Weise verringern wird sich demnächst die Frankfurter Rundschau: Zum 30. Mai soll sie als erste überregionale Tageszeitung in Deutschland auf Tabloid-Format umgestellt werden, damit hat sie dann etwa die Größe eines DIN-A3-Blattes. Wie sich die thematische und grafische Gestaltung ändern wird, ist noch nicht bekannt. Aber der Trend wird wohl, wie generell bei Qualitätszeitun­gen, hin zu mehr Hintergrund, mehr Magazin und einer großzügigeren Aufmachung gehen – wie auch immer das auf den kleineren Seiten aussehen soll. Vollauf begeistert ist jedenfalls jetzt schon Alfred ­Neven DuMont, seit rund neun Monaten stolzer Besitzer der FR. Der Kölner Verleger, der Ende März seinen 80. Geburtstag feierte, sieht in der Formatumstellung einen »wun­derbaren Neuanfang«: Die Zeitung bekomme einen »jüngeren und unverwechselbaren Klang«.

Neues auch beim WDR: Ein Internet-Angebot des Senders soll sich mit dem Thema Islam beschäftigen und Beiträge über das Leben von Moslems in Deutschland zur Verfügung stellen, als Downloads und Podcasts, wie man das eben so macht im Netz. Das ZDF hatte bereits im Februar für die beim Thema Islam rituelle Aufregung ge­sorgt, als es ankündigte, im Sommer gemeinsam mit Moslems ein »Forum zum Freitag« im Internet anbieten zu wollen. Der SWR plant Änliches. Das neue Netz­angebot aus Köln soll zunächst vor allem das WDR-Programm recyceln – also die Beiträge aus Radio und TV ­bündeln, die sowieso zum Thema laufen. An Konzept und Starttermin wird noch gebastelt.

Köln ist Medienhauptstadt. Doch, wirklich! Zumindest in einer Branche, die mit einem Bein in der Schmuddelecke steht, mit dem an­deren aber deutliche Bewegun­gen in Richtung Fangemeinde macht: die Computerspielbranche. Im Sommer finden im Gürzenich die Finals der deutschen »Electronic Sports League« statt, 2008 ist Köln Austragungsort der »Word Cyber Games«, des größten ­Wettbewerbs für Computerspieler. Auch die Kölner CDU hat in­zwischen fest­gestellt, dass die »Games-Wirtschaft ein wichtiger Wirt­schafts­faktor ist«, und schon sind die vermeintlichen Killerspiele nicht mehr ganz so böse. Die Partei ­»unterstützt Oberbürgermeister Schramma weiterhin bei seinem Bemühen um diese Branche«, teilte CDU-Chef Walter Reinarz mit, und distanzierte sich »von ­aktuellen Vorverurteilungen der Computerspiele«. Ob damit der bayerische Innenminister Günther Beckstein gemeint war? Der hatte kürzlich noch gesagt: »Killerspiele sollten bei der Strafbewährung in der Größenordnung von Kinderpornografie eingeordnet werden.« Vielleicht könnten Schramma und Beckstein ja mal bei »World of Warcraft« gegeneinander antreten. Als Troll und Ork.