Würde niemals Hohoho rufen: Stefan Dößereck, inkognito, Foto: Dörthe Boxberg

Ein Job mit Verantwortung

Seit 22 Jahren ist Stefan Dößereck Weihnachtsmann. Genau 2687 Auftritte hat er seitdem ge­macht. Im Gespräch mit der Stadtrevue erzählt er von Tricks, No-Gos und den Tagen danach

Herr Dößereck, was macht einen guten Weihnachtsmann aus?

 


Das hängt von der Vorbereitung ab. Man muss den Auftritt sehr genau planen, damit nichts schief geht. Wo parke ich, um mich von hinten an das Haus anzupirschen? Hatten die Kinder vorher schon mal Kontakt mit dem Weihnachtsmann? Erst wenn all diese Dinge geklärt sind, kann ich auf alle Eventuali-täten vorbereitet sein.

 

Ist das denn so wichtig?

 


Ja, denn mit dem Kostüm trägt man auch Ver-ant-wortung. Kinder sind sehr hartnäckig, wenn es darum geht, Er-klä-rungen bis ins letzte Detail zu über-prüfen. Als Weihnachtsmann muss man Antworten parat haben: Der Schlitten steht auf dem Dach, runtergerutscht bin ich an der Re-gen-rinne — das sind nur die Grundlagen. Aber an ein Gespräch in der Vergangenheit zu erinnern, macht die Geschichte glaubwürdiger.

 

Gemeinsam mit Kollegen haben sie ein bundesweites Netzwerk gegründet. Wie würden Sie ihr Berufsbild beschreiben?

 


In der Figur des Weihnachtsmannes fließen eine Vielzahl von Traditionen und Strömungen zusammen. Wissenschaft-lich betrachtet, ist es deswegen sehr schwer, ihm auf die Spur zu kommen. Innerhalb des Netzwerkes gilt aber ein Ehrenkodex. Wer ein Kostüm trägt, darf beispielsweise nicht rauchen, telefonieren oder fluchen. Für mich persönlich wäre auch reines Entertaining tabu: Ballonmodellage oder »Hohoho« rufen zum Beispiel.

 

Warum?

 


Mich stört die Kommerzialisierung. Das gilt übrigens auch für das Geschenkeverteilen: Ein Sack. Maximal zwei, wenn es viele Kinder sind. Dann ist Schluss. Andersrum vereinbare ich mit den Familien aber auch kein Honorar: Sie geben mir hinterher gerade so viel, wie ihnen mein Auftritt wert war. Und wenn ich merke, dass der Wunsch nach einem Weihnachtsmann größer ist, als das Budget, landet das Kuvert auch häufig wieder im Briefkasten.

 

 

Ganz schön viel Idealismus. Woher nehmen Sie den?

 


Mich fasziniert das Gesamtwerk an Eindrücken und Erfahrungen an diesem Abend. Da sind Nachbarn, die mir jedes Jahr ein Glas Milch hinstellen, wenn ich mich bei ihnen umziehe, Kinder, die ich aufwachsen sehe, Familien, die sich verändern. Ich denke häufig darüber nach, wann ein guter Moment wäre, um damit aufzuhören — bis jetzt hat es ihn noch nicht gegeben.

 

Sie bieten auch Schulungen für Menschen an, die sich zum Weihnachtsmann ausbilden lassen möchten. Erkennen Sie Talent auf den ersten Blick?

 


Wenn Sie mit Talent Einfallsreichtum und Fantasie meinen: Ja. Ich leite die Ausbildungen jetzt seit 17 Jahren. -Mittlerweile kann ich ganz gut einschätzen, wer in dieser Aufgabe bleiben wird. Wissen Sie, was der häufigste Grund ist, mit dem sich Weihnachtsmänner vor Ihren Auftritten krankmelden? Ein Gipsbein. Da weiß ich schon, die haben sich bloß bequatschen lassen.

 

Irgendwie typisch, dass sich Menschen an Weihnachten zu Sachen verbiegen, von denen Sie gar nicht überzeugt sind, oder?

 


Ja, das kommt schon vor. Gerade der Heilige Abend ist oft mit enormen Erwartungen aufgeladen. Das geht so weit, dass mich Familien nur auf die Minute genau zwischen Messe und Partyservice empfangen wollen. Da mach ich aber nicht mit. Bei meinen Aufträgen arbeite ich generell ohne Handy. Wenn ich ein bisschen früher da bin, meditiere ich im Auto oder schau mir nochmal die Sachen im Goldenen Buch an.

 

Und was steht da so drin?

 


Kleine Notizen oder Dinge, auf die ich bei meinem Besuch achten sollte. Ich bin da sehr sorgfältig. Übrigens, eine Rute habe ich nie dabei. Das würde den meisten Kindern Angst machen. Leider, denn eigentlich steckt dahinter der alte Brauch des Barbarazweiges. Der wurde am 4. Dezember überreicht und trieb spätestens am 24. kleine, weiße Blüten aus.

 

Wie geht es Ihnen nach den Weihnachtstagen?

 


Gerade die letzten Wochen sind für mich immer sehr intensiv: Ich bin auf Weihnachtsmärkten und Firmenauftritten, dazu noch bei sechs bis acht Bescherungen. Danach falle ich häufig erst einmal in ein kleines Loch. Das Kostüm in den Schrank zu hängen, fühlt sich dann immer erleichternd an.

 


Das Nikolaus- und Weihnachtsmannnetzwerk, seit 1996 im Internet: weihnachtsmann-service.de