»Your Name.«

Shinkai Makoto erzählt in einem Anime von der Liebe in Zeiten einer kosmischen Katastrophe

1952 startete das öffentlich-rechtliche Radio Japans eine Hörspielserie namens »Kimi no Na wa« (»Wie heißt du?«), deren Erfolg im darauffolgenden Jahr eine gleichnamige Kinoadaption nach sich zog, die zu einem der größten Kassenschlager und Popkulturphänomene der japanischen Nachkriegsgeschichte wurde. Ausflüge zu den Orten, an denen die Geschichte spielt, wurden Beliebt. Die Japaner pilgerten etwa zur Sukibayashi-Brücke in Tokios Ginza-Distrikt, wo sich die beiden Hauptfiguren während eines Luftangriffs zum Ende des Pazifikkrieges treffen und ineinander verlieben. »Kimi no Na wa« sprach Japans Massen an, weil hier in Form eines sehr schicksalsschweren Melodrams von den Alltagsproblemen in einer verheerten Welt erzählt wurde: Mangelernährung und Schwarzmarktkriminalität, die soziale Stigmatisierung von Be-satzungs-kindern — alles fand hier seinen Platz, und nicht alles wurde gelöst.

 

2016 startete in Japan ein Animationsfilm mit einem fast identischen Titel: »Kimi no Na wa.« (internationaler Titel: »Your Name.«), der für das immer noch von der Fukushima-Katastrophe erschütterte Land Ähnliches leistete. Unter der Regie von Shinkai Makoto, einem der Jungstars des Anime, finden ebenfalls zwei Liebende lange nicht zueinander. Diesmal sind es allerdings Teenager und die Katastrophe hat interplanetarische Ursachen, keine menschengemachten. Verblüffender ist, dass die beiden ihre Körper tauschen (im japanischen Spielfilm ein beliebtes Fantasy-Motiv) und dass sich die Erzählung kreuz und quer durch Raum und Zeit entwickelt. Das passt gut zu einem Werk, in dem es um den Kontrast zwischen Vergangenheit und Zukunft, der alten animistischen Religion und den neuen Göttern der Städte geht. Angesichts der manchmal sehr lieblichen Verträumtheit, des fast Schwärmerischen der Regie Shinkais sollte man für ein hiesiges Publikum vielleicht erwähnen, dass die Zuschauermassen, welche »Kimi no Na wa.« zu einem Kassenphänomen in Japan machten, nicht allein Teens und Twens waren, sondern Menschen zwischen 16 und 60 Jahren. Mehr als nur erfreulich wäre es, wenn sich auch in Köln eine breite Altersgruppe für ein Meisterwerk begeistern könnte, in dem sich Zartheit und Gewaltigkeit, Verspieltheit und Strenge, eine Ehrfurcht vor dem Detail und eine Furchtlosigkeit angesichts großer Gesten wie selbstverständlich zu einem harmonischen, berührenden Kino-spektakel verbinden.

 

Your Name. (Kimi no Na wa.) J 2016, R: Shinkai Makoto, 106 Min., Do 11.1. u. So 14.1., Filmpalast, UCI Hürth.