Mit offenem Ausgang

Die Kunsthalle Düsseldorf überlässt dem Nachwuchs mit »Akademie« [Arbeitstitel] das Haus

Als im Jahr 1969 eine Gruppe Studierender der Kunstakademie Düsseldorf die Kunsthalle stürmte, um ihrem Unmut gegenüber der Programmgestaltung Luft zu machen, war dies der Beginn der legendären »between«-Ausstellungsreihe, die ihnen über mehrere Jahre zwischen den stehenden Ausstellungen eine freie Nutzung des Hauses erlaubte. Es war ein weltweit beachteter, wahrhaftiger Dialog zwischen junger Kunst und einem großen Ausstellungshaus. Im Jubiläumsjahr ist es nun die Kunsthalle selbst, die an ihre eigene Tradition anknüpft. 

 

Zum breiten Thema des Archivs lud das Haus die Kunstakademien in Münster und Düsseldorf sowie die Kölner KHM ein und erteilte den teilnehmenden KünstlerInnen Carte Blanche. Warum eine solche Freiheit im Kunstbetrieb die Ausnahme geblieben ist, wird schnell deutlich: Es ist ein wahnsinniger Aufwand, den man hier auf sich genommen hat. Fast im Wochentakt werden die Räume neu bespielt, und da manche Projekte erst vor Ort entstehen und sich dort fortentwickeln, gibt es für das Team keinerlei Planungssicherheit.

 

Für den Besucher führt dies jedoch zu dem außergewöhnlichen Erlebnis, in die Prozesse einer großen Ausstellung einbezogen zu werden. Die Auf- und Umbauphasen finden während der Öffnungszeiten statt. Das Haus macht sich, genau wie die Künstler, vollständig transparent. So kommt uns im Treppenhaus eine Künstlerin entgegen, im Arm eine Schaumstoff-skulptur für ihre Installation im ersten Stock, im Foyer wird eine Beschallungsanlage reingetragen, während aus dem Salon Hammerschläge schallen. Alles ist in Bewegung, der Begriff des Freiraums wird plastisch. 

 

Einzelne Projekte bleiben über die gesamte Laufzeit, wie der Audiowalk des Kollektiv wyr, der aus gesammelten Soundschnipseln und Archivmaterial die letzten 50, aber auch fiktiv die nächsten 50 Jahre Kunsthalle bespricht. 

 

Dass hier aus einem organisatorischen Experiment schließlich ein großartiges Ausstellungsprojekt wird, liegt nicht zuletzt an der gut gewählten thematischen Folie. Egal, ob in der der konkreten Aus-einandersetzung mit dem Archiv der Kunsthalle oder im Ringen um einen erweiterten Kunstbegriff: Im Anblick der entstehenden Arbeiten wird anschaulich, wie allgegenwärtig der Grundgedanke eines kollektiven Gedächtnisses selbst jene Kunst durchzieht, die sich ganz und gar der Zukunft verschreibt. Nur in diesem Sinne möge auch dieses Projekt seinen Weg in die Archive finden und von dort aus möglichst bald und oft reaktiviert werden.

 

 

Akademie [Arbeitstitel], Kunsthalle Düsseldorf, Grabbeplatz, bis 7.2. mit wechselnden Künstlern und Projekten, Di–So, Feiertage 11–18 Uhr. Mit dem Eintrittsticket kann man die Ausstellung an vier Tagen während der Laufzeit besuchen.