Ungelegte Eier

Ende Juni ist letzter Spieltag der fünfjährigen Intendanz

von Marc Günther am Kölner Schauspiel. Eine Bilanz

Eine wiederkehrende Kritik am Programm des Intendanten Marc Günther lautete bis zum Schluss: Ist ja das meiste bloß zusammengekauft! Die Kritik trifft im Großen und Ganzen zu. Das zeigt sich vor allem im Rückblick auf die Regiestars, die Günther nach Köln geholt hat, die aber immer zuerst an anderen Häusern ihre Erfolge feierten: Thalheimer, Baumgarten, Gosch, zuletzt Petras oder Wuttke.

Kulturdezernent Georg Quander verlängerte 2005 Günthers Fünfjahresvertrag nach erst drei Spielzeiten nicht. Das ist wenig Zeit, um ein Theater aus der Mittelklasse wieder in die Bundesliga und dort am besten noch unter die ersten vier zu bringen. Aber die Erfahrungen nach allzu vielen Premieren bis dahin sprachen nicht dafür, dass der Chef sein Haus je würde entscheidend stärker aufstellen können. Auch wenn Günther heute im Interview gegen Stadt und Kritik sagt, mit den Etats anderer großer Häuser hätte er mehr Kontinuität geschafft; auch wenn er das Schauspiel wieder deutlich näher an den aktuellen ästhetischen Diskurs heran geführt hat als sein Vorgänger Günter Krämer und das Publikum zahlreicher kam als damals.

Trotzdem »erst mal stolz« auf seine Jahre

Je länger Marc Günther im Amt war, desto häufiger versprachen Regie- und teilweise auch Autorennamen, darunter auch die Einbindung Manos Tsangaris’ und Navid Kermanis, interessante Projekte, und die big shots lösten die Erwartungen meistens auch ein. Doch es reicht nicht, die Großen zu holen, wenn der eigene Stall nicht viel zu bieten hat. So entstand das Grundübel, dass das Programmkonzept nicht aus einem Guss war.

Und das Ensemble? Es brauchte häufig die Vitaminspritzen der Regiestars, fast nur dann brachte es Höchstleistungen, von Ausnahmen wie Alexander Khuon oder Markus Scheumann abgesehen. Trotzdem ist der Noch-Intendant erst mal »stolz« auf seine fünf Jahre, wie er sagt. Außerdem verweist er auf die »drei Jahre Leidenszeit« zu Beginn und meint damit, dass er seinen Vorgänger Krämer und dessen Oberspielleiter Torsten Fischer wegen ihrer Verträge mitschleppen musste. Und er meint die teilweise massiven Etatkürzungen.

Was jetzt kommt, sind ungelegte Eier

Doch Krämer und seine Anhängsel beeinflussten nur ein Bruchteil dessen, was möglich war, und der Kampf gegen Kürzungen gehört zum Geschäft, auch wenn er in Köln besonders viele Nerven kosten mag. Die Kunst besteht für den Intendanten darin, sein Theater geschickt vor dem Gezerre zu retten. Überzeugendes Programm gelingt auch mit weniger Geld, wie der Erfolg des Essener Theaters zeigt.

Marc Günther weiß wohl, wie man gutes Theater auf der Höhe der Zeit produziert. In Köln hat er es nicht dauerhaft zustande gebracht. Nach seiner beruflichen Zukunft gefragt, sagt er nur: »ungelegte Eier«. Wenn man es gut meint, passt das auch auf seine Intendanz.

Letzte Premiere: »Feral City, Schurkenstadt«, Abrissparty von Daniel Cremer, R: Daniel Cremer,
Erfrischungsraum, 15. (P)-17.6., 21 Uhr.