Raus aus der eigenen Hälfte!

Der FC hat in der Stadiondebatte das Tempo gedrosselt. Die Stadt muss fordernder agieren.

 

 

Der 1. FC Köln hat in den vergangenen Monaten zuverlässig für Gesprächsstoff gesorgt. Ist der »Hybridrasen« schuld an der Verletztenmisere? Wird ein fast 40 Jahre alter Stürmer zum Heilsbringer? Und was sagt eigentlich Dönerbudenbesitzer Lukas Podolski dazu? Ein Thema aber ist seit Monaten kaum aufgetaucht: der Wunsch des Vereins nach einem größeren Stadion.

 

Noch im vergangenen Jahr hatte der FC sein Ansinnen forsch in die Öffentlichkeit getragen. Steigere man die Zuschauerkapazität von bisher 50.000 auf 75.000 Plätze, könne man zwischen zehn und 15 Mio. Euro mehr Umsatz pro Jahr machen. Der Ausbau des Rheinenergiestadions wurde als planungsrechtlich und wirtschaftlich schwierig bewertet. Der Verein hatte Standorte für einen Neubau prüfen lassen. Die Ergebnisse blieben unter Verschluss. Bisher zahlt der FC für das Stadion knapp zehn Mio. Euro Miete pro Jahr an die Stadt. Das ist verhältnismäßig viel. Zöge der FC zum Ende des Mietvertrags 2024 aus, droht Leerstand. Für die Stadt wäre das eine Katastrophe. Zudem spielte der Klub bis zum Sommer 2017 so erfolgreich wie seit Jahrzehnten nicht. Der Zeitpunkt, die Neubau-Debatte zu forcieren, war günstig. Der FC machte das Spiel —Stadt und Politik verteidigten. Das Motiv des Vereins bleibt unklar. Will er die Miete drücken? Will er das Stadion, dessen Buchwert bei mehr als 80 Mio. liegen soll, günstig kaufen? Will und kann er neu bauen?

 

Mittlerweile dümpelt der FC am Ende der Bundesligatabelle. Zwar kann er auch beim Abstieg mittelfristig mit der ersten Liga planen und wird die Stadionpläne weiter verfolgen. Die Prioritäten aber haben sich verschoben: Der FC will sich erst sportlich konsolidieren. Zumal man den Fans eine Stadiondebatte kaum verkaufen kann, wenn die Gegner bald Sandhausen oder Aue heißen. Der FC hat leisere Töne angeschlagen. Das ist sein gutes Recht.

 

Erstaunlich ist, dass sich Stadt und Politik das Tempo der Debatte vom FC vorgeben lassen. Zwar betonen beide Seiten, man sei — auch mit Blick auf die Fußball-EM 2024, bei der Köln zu den möglichen Austragungsorten zählt — an einer einvernehmlichen Lösung interessiert. Letztlich aber geht es um den Ausgleich gegensätzlicher Interessen. Die Stadt sollte auch dann als starker Verhandlungspartner auftreten, wenn es dem FC unbequem ist. Indem sie verbindliche Aussagen vom Verein einfordert, Fristen setzt und verdeutlicht, dass es nicht selbstverständlich wäre, dass sie sich bei einem Neubau an Kosten für die Anbindung beteiligt. Nur zu reagieren, wenn der FC seine wirtschaftlichen Interessen in die Öffentlichkeit trägt, ist keine erfolgsversprechende Taktik.