Das größte sind am Ende die Bilder

Düsseldorf feiert die Fotografie: Mit zwei Festivals

und einer klugen Ausstellung von Akram Zaatari

Düsseldorf und die Fotografie werden gerne in einem Atemzug genannt, schließlich hat die städtische Kunstakademie in der Klasse von Bernd und Hilla Becher mit Andreas Gursky, Candida Höfer, Thomas Ruff und Thomas Struth einige der wichtigsten deutschen Fotografen hervorgebracht. Dass die Stadt sich auch heute noch mit dem Label »Fotostadt« schmückt, zwanzig Jahre nach dem Durchbruch der »Becher-Schüler«, zeigt sich an Veranstaltungen wie dem »Photo Weekend«, dass 2012 vom NRW Forum initiiert wurde und unter der Leitung der Galeristin Clara Maria Sels bereits fünf Mal stattfand.

 

In diesem Jahr kommt nicht ganz ohne stadtinterne Querelen ein neues Format dazu: Das NRW-Forum ruft unter der Leitung von Alain Bieber mit »Düsseldorf Photo« das »größte Fotofestival in NRW« aus und gräbt Sels damit den Rang ab. Ob die etwas platte und sehr männliche Zuschreibung, »das Größte« zu sein, auch durch Qualität und Konzept überzeugen kann, lässt sich vom 16.–25. Februar in rund dreißig Ausstellungen und Projekten in den großen Institutionen und zahlreichen Galerien, Off-Spaces und temporären Räumen überprüfen. Einen inhaltlichen Leitfaden oder thematischen Rahmen gibt es nicht — die Fotografie als Medium reicht nach wie vor, um Festivals in der ganzen Welt zu legitimieren.

 

Um es noch ein bisschen unübersichtlicher zu machen, wird parallel auch das »Duesseldorf Photo Weekend« von Galeristin Sels fortgeführt: Hier sind rund vierzig ausstellende Räume beteiligt, darunter auch die Julia Stoschek Collection, die Filmwerkstatt Düsseldorf und viele Galerien.

 

Bringen wir ein wenig Licht in das Dickicht des Überangebots: Das NRW-Forum bleibt bei dem, was es am besten kann und zeigt eine Retrospektive der Modefotografin ­Louise Dahl-Wolfe, die in ihrer über zwanzigjährigen Arbeit für Harper’s Bazaar das Bild der modernen, unabhängigen »Nachkriegsfrau« geprägt hat. Etwas klamaukig kommt die zweite Schau im Haus daher, die sich unter dem Titel »Pizza is God« dem belegten Teigfladen als kulturellem Phänomen und also Objekt der Popkultur widmet. Dessen Bild verfolgt sie umfassend quer durch die jüngere Kunstgeschichte und alle Medien, guten Appetit.

 

Der Fotoklasse von Christopher Williams an der Akademie hat die Stadt die Alte Kämmerei zur Verfügung gestellt. Weil in Williams Klasse von 19 Studierenden nur zwei fotografisch arbeiten, dürfen auch Gäste aus anderen Klassen dabei sein. Eine Ehemalige, Morgaine Schäfer, stellt anlässlich des Ehrenhof-Preises im Museum Kunstpalast aus und begibt sich auf die Spuren ihrer eigenen Familiengeschichte. Ein Foto von drei Holzreliefs, die ursprünglich im Fachwerk des Hauses eines ihrer Vorfahren angebracht waren, dient ihr als Ausgangspunkt für eine Auseinandersetzung mit Identität, der Repräsentation von Stand und handwerklichem Können, aber auch dem Frauenbild in der Geschichte ihrer Familie.

 

Bei Konrad Fischer zeigt Louisa Clement, ebenfalls Absolventin der Akademie aus der Klasse von Andreas Gursky und kürzlich im Wallraf-Richartz-Museum zu sehen, neben Videos und Wandarbeiten auch ein neues Objekt — das erstmal gar nichts mit Fotografie zu tun hat. Mitten im Raum platziert sie einen begehbaren Kokon, der ein Gefühl von Sicherheit und Schutz verspricht, aber gleichzeitig Isolation bedeutet. Eine Metapher, die gegenwärtige Fragen nach Grenzsicherung, Terrorismusbekämpfung und Verunsicherungsmechanismen aufgreift und die politische Panikmache hinterfragt.
Ein erweiterter Begriff der Fotografie steht im Mittelpunkt der sehr sehenswerten Ausstellung »Against Photography« des libanesichen Künstlers, Kurators und Bildforschers Akram Zaatari im K21. Als Mitgründer der Arab Image Foundation (AIF), die sich seit 1997 für das Bewahren, Sammeln und Archivieren fotografischer Sammlungen aus dem arabischen Raum einsetzt, hat er eine Ausstellung konzipiert, die sich um die Fotografie als Objekt dreht, aber auch ihre gesellschaftliche Funktion und den Wert, den Fotografien als Relikte der Erinnerung besitzen, behandelt. Wie archäologische Funde untersucht er den Bestand der AIF, fertigt 3D-Scans beschädigter Glasnegative aus den 50er Jahren an, die Spuren von Krieg, Vertreibung und sozialen Konflikten in ihrer Oberfläche eingeschrieben haben, ohne sie über das Motiv selbst zu transportieren. Bewegend sind auch seine Videoporträts von Studiofotografen, die von der Hochzeit der Fotografie im blühenden Kairo der 50er Jahre erzählen.

 

Die Bedeutung der Fotografie als Medium, aber auch des einzelnen persönlichen Fotos wird in Düsseldorf derzeit nirgendwo greifbarer als hier.