Foto: Manfred Wegener

Keine Parkplätze für keine Autos

»Ich bin verwundert, dass das eine Autofreie Siedlung sein soll«, sagt Thomas Süss. Er wohnt mit seiner Frau und zwei Kindern in der Werkstattstraße, bloß ein paar Meter entfernt vom dem Vorzeigeprojekt. Auf dem Gelände des ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerks sind bislang 130 Eigentums- und Mietwohnungen bezogen. Bis 2009 sollen 400 Wohnungen entstanden sein, Platz für 1000 Menschen, meist Familien mit Kindern. Doch im Umkreis der Siedlung sind viele Bewohner sauer: Sie behaupten, ausgerechnet durch die Autofreie Siedlung habe der Autoverkehr zugenommen.

Vermarktet werden die Wohnungen von der Kontrola Treuhandgesellschaft. Dort heißt es, anfangs sei es schwierig gewesen, Interessenten ohne PKW zu finden. Der Stadtentwicklungsausschuss beschloss daher im Mai 2005, für jeden fünften Haushalt einen Stellplatz zuzulassen. »Scheinheiliges Gutmenschentum« sei das, sagt eine Bewohnerin der Werkstattstraße, die nicht genannt werden will. Zwar sind die Autofahrer der Siedlung verpflichtet, einen Stellplatz zu kaufen. Doch das Geld spare sich mancher lieber und parke in den umliegenden Straßen – behaupten Bewohner der Werkstattstraße.

»Parkplätze werden gar nicht mehr benötigt werden«

Hans-Georg Kleinmann vom Nachbarschaftsverein der Autofreien Siedlung glaubt das nicht. Seit Dezember letzten Jahres wohnt er mit seiner Familie hier. Die Anlage mit drei Plätzen, einem Kinderspielplatz samt Eisenbahn, den großen Fahrradkellern – das sei schon »eine kleine heile Welt«. Auf einem provisorischen Parkplatz können rund vierzig Autos abgestellt werden, das Parkhaus ist noch nicht eröffnet. Dort sollen bald achtzig Stellplätze für die PKW-Besitzer der Siedlung und vierzig für deren Gäste gegen Gebühr bereitstehen. Kleinmann glaubt nicht, das alle benötigt werden. »Wenn die Bewohner merken, was man alles ohne Auto machen kann, werden viele ihren Wagen abschaffen«, sagt er. An der »Mobilitätsstation« werden kostenlos Handkarren bereitgestellt, außerdem gibt es eine Car-Sharing-Station.

Bereits erste Auszeichnung für das Modellprojekt

Auch beim Amt für Straßen und Verkehrstechnik glaubt man an den Erfolg des Projekts. Jürgen Möllers, der maßgeblich das Konzept erarbeitet hat, erklärt, dass es ausreichende Untersuchungen über die Auswirkungen auf den Verkehr gegeben habe. »Uns überraschen die Proteste aber nicht«, sagt Möllers. »Das ist immer so, wenn man etwas macht, das nicht gängig ist.« Falls es doch zu Parkplatzproblemen käme, könnte man Bewohnerparken einführen: Dann darf in den umliegenden Straßen nur parken, wer einen Ausweis hat. Möllers sieht derzeit aber »keinen Handlungsbedarf«. In zwei Jahren werde das Modellprojekt ausgewertet, dann entscheide sich, ob es ähnliche Projekte in anderen Vierteln geben werde.

So lange wollte man bei der Konrad-Adenauer-Stiftung nicht warten. Die CDU-nahe Organisation hat die Siedlung für ihre Kinder- und Familienfreundlichkeit ausgezeichnet. »Eine Auszeichnung ohne zu gucken, was drumherum passiert«, ärgert sich Thomas Süss aus der Werkstattstraße. Er selbst hat übrigens kein Auto, weil es »hier in Nippes wirklich gut ohne geht.«