Mit Kriminalisierung löst man nichts, Tom Geffe, Wählergruppe Gut, Foto: Dörthe Boxberg

Die Rauschzone Teil 2

Coffeeshops in der Kölner Innenstadt? Gute Idee, finden Bezirkspolitiker. Doch bislang durfte noch keine deutsche Stadt kontrollierte Cannabis-Abgabestellen einrichten

Tom Geffe sitzt im Textilcafé am Eigelsteintor und blickt auf ein Boulevardblatt, das neben ihm im Zeitungsständer prangt. »Ein schöner Zufall«, sagt Geffe und meint damit die Aussagen von André Schulz. Der Chef des Bunds Deutscher Kriminalbeamter hatte Anfang Februar in der Bild das Verbot von Cannabis als »weder intelligent noch zielführend« bezeichnet und sich für eine »Entkriminalisierung von Cannabis-Konsumenten« ausgesprochen. Diese Bekundungen bereiten Geffe große Freude. »Es gibt sowohl eine politische als auch eine gesellschaftliche Debatte. Die kann man nicht wegreden«, sagt Geffe, der die Wählergruppe GUT in der Bezirksvertretung Innenstadt vertritt. Er gehört zu denen, die diese Debatte in Köln befeuern wollen.

 

Grüne und Linke sowie die Einzelmandatsträger Geffe und Adrian Krasnitz (Deine Freunde) wollen, dass Köln für die Innenstadt eine »Erlaubnis zur kontrollierten und lizensierten Abgabe von Cannabisprodukten« beantragt. Kommunen können solche Genehmigungen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erwirken. Registrierte Teilnehmer können dann an lizensierten Abgabestellen in wissenschaftlicher Begleitung Cannabis als Genussmittel kaufen. Dafür muss »wissenschaftliches oder sonstiges öffentliches Interesse« nachgewiesen werden. Gelungen ist das bisher keiner Kommune. Berlin und Münster scheiterten mit Anträgen. Viele andere Städte, darunter Düsseldorf, zögern. Und Köln?

 

»Unser Antrag soll ein weiterer progressiver Impuls sein«, sagt Tom Geffe. Ihm schwebt vor, dass in Köln nach einer Erprobungsphase Coffeeshops nach niederländischem Vorbild eröffnen. Auch er weiß: Bis in Köln Gras über die Ladentheke gehen könnte, wird es dauern. Schon 2015 hatten die Bezirkspolitiker aus der Innenstadt einen vergleichbaren Vorstoß gewagt. Wegen der besonderen Konstellation, gegen die Stimmen von SPD und CDU ein Mehrheitsbündnis stellen zu können, ist die Innenstadt-BV eine Probierstube für politische Ideen. »Die Verwaltung hat das Thema versanden lassen, um nicht in eine offene Diskussion gehen zu müssen«, erinnert sich Geffe, der vor drei Jahren schon zu den Antragstellern zählte. Die Fachleute der Stadt hatten einem Modellprojekt für Köln keine Chance eingeräumt, und auch in den eigenen Parteien gab es Zweifel. Hinter vorgehaltener Hand sagten damals grüne Ratspolitiker, die Befürworter aus dem Bezirk hätten »keine Ahnung vom Fach«. Das Thema war vom Tisch, die Diskussion frühzeitig erstickt. Wer kiffen wollte, musste weiterhin zum Dealer an der Ecke gehen.

 

»Für mich ist das ein Show-Antrag«, sagt Regina Börschel. Die Vorsitzende der Innenstadt-SPD hat ihn deshalb im Januar mit ihrer Fraktion in die Verwaltung geschoben. »Für uns stellt sich die Frage, ob es seit dem letzten Antrag neue Erkenntnisse gibt.« Außerdem bezweifelt sie, dass der Stadtbezirk einen Alleingang wagen kann. »Über die Drogenpolitik hat der Rat zu entscheiden, weil sie ein gesamtstädtisches Anliegen ist.« Sie sehe mit den Augen einer Bezirkspolitikerin aufs Thema, »aber ich kenne natürlich die Debatte um die Legalisierung von Cannabis mit ihrem Für und Wider«.

 

Befürworter sagen, mit einer Freigabe könne man die Prävention stärken, Polizei und Justiz entlasten, die Qualität der oft verunreinigten Produkte kontrollieren, aber auch Steuern einstreichen. Kritiker nennen vor allem gesundheitliche Schäden durch den THC-Konsum, etwa an Lunge und Herz, sowie die beeinträchtigte Entwicklung des Gehirns bei jugendlichen Konsumenten als Argumente. Die Legalisierung sende das falsche Signal aus, so schlimm könne die Droge schon nicht sein, wenn der Staat sie erlaube. So sieht es auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU). Bezirkspolitiker Tom Geffe aber glaubt, die mit Cannabis verbundenen Probleme über eine kontrollierte Abgabe besser lösen zu können. »Mit Kriminalisierung und strafrechtlicher Verfolgung löst man jedenfalls nichts.«