Stirb an einem anderen Tag

Letzten Dezember widmete die StadtRevue ihre Titelgeschichte der Kölner Kinomisere – mittlerweile gibt es zumindest Hoffnung auf Besserung

Markierte der letzte Herbst einen Wendepunkt? Seit der Schließung des Broadway fünf Jahre zuvor war die Kölner Kinosituation nicht mehr so präsent im öffentlichen Gespräch. Gleich zwei Symposien beschäftigten sich mit dem hiesigen Kinosterben und der filmkulturellen Unterversorgung. Wie zur Bestätigung der Diskussionsrunden war kurz zuvor die Nachricht gekommen, dass sich der Filmhaus Verein vom langjährigen Betreiber des Kinos trennen und zukünftig erst einmal auf Erstaufführungen verzichten würde. Keine direkte Kinoschließung, aber eine Nachricht, die sich gut in die Reihe von Leinwandverlusten für Filmkultur der letzten Jahre zu fügen schien.

Neustart

Im Roundtable-Gespräch der StadtRevue zur Situation in der Stadt gab der ehemalige Betreiber des Filmhaus Kinos Joachim Kühn im November zu Protokoll: »Ich hoffe, dass die Diskussion, die jetzt angestoßen wurde, noch einmal einen Neuanfang ermöglicht.« Von einem wirklichen Neuanfang kann man ein halbes Jahr später noch nicht sprechen, aber verschiedene Entwicklungen und Initiativen der letzten Monate lassen hoffen.

Zunächst einmal scheint der Druck auf das Filmhaus von verschiedenen Seiten – Stadt Köln, Filmstiftung NRW, eine Unterschriftenliste von Kinofreunden – dafür gesorgt zu haben, dass der Erstaufführungsbetrieb wieder aufgenommen worden ist. Zwar hat das Programm noch längst nicht den ehemaligen Standard, aber es wird wieder regelmäßig gespielt, und drei bis vier Filme im Monat, die sonst an Köln vorbeigegangen wären, sind hier jetzt wieder zu sehen.

Derweil hat Joachim Kühn, der seit Anfang 2005 mit Dirk Steinkühler zusammen die Filmpalette betreibt, im Mai den zweiten Saal der Filmpalette eröffnet. Möglich wurde das auch durch einen kinofreundlichen Vermieter, der zeigt, dass es auch anders geht. Denn Broadway, Residenz und Lupe 2 sind nicht zuletzt an hohen Mietforderungen und wenig flexiblen Hauseigentümern gescheitert. Die letzten beiden Immobilien stehen seit der Schließung der Kinos leer, und die Ehrenstraße verkommt seit dem Ende des Broadway immer mehr zur Filialisten-Meile.

Für ein attraktives innenstädtisches Leben auch nach den Ladenöffnungszeiten sind Kinos unabdingbar, konnte man mehrfach auf dem vom Kölner Kulturrat veranstalteten Symposium im letzten Oktober hören. Damals wurde der Vorschlag formuliert, beim Neubau des Schauspielhauses auch einen multifunktionalen Saal einzuplanen, der auch für große Kinopremieren genutzt werden könnte, und daneben zwei bis drei kleinere Leinwände für die Filmkultur. Dieser Vorschlag scheint aber beim Schauspiel auf wenig Gegenliebe zu stoßen.

Ein Kulturhaus am Ubierring

Seit kurzem kursiert ein neues Konzept: Mit dem Umzug des Rautenstrauch-Joest-Museums nächstes Jahr an den Neumarkt stünde eine attraktive städtische Immobilie in der Südstadt leer. Die Betreiber der Filmpalette und des Off Broadway schlagen vor, darin ein Filmkunstkino mit drei Sälen zu integrieren. Angeschlossen hat sich ihnen der Chefredakteur des Film-Dienst Horst Peter Koll, der zusammen mit zwei Architekten ein »Haus für Kultur und Medien« vorschlägt. Es gibt allerdings bereits andere Interessenten aus dem Kulturbereich für das Gebäude: Oberbürgermeister Schramma hat sich schon stark gemacht für einen Umzug der Rheinischen Musikschule in die Südstadt, außerdem gibt es Vorschläge für eine Pop- und Musicalakademie. Die Ki­nomacher betonen aber, dass eine gemeinschaftliche Nutzung durchaus denkbar sei. Zunächst einmal wird die Stadt im Spätsommer die bauliche Substanz prüfen und die Kosten für einen Umbau schätzen lassen. Mit finanzieller Unterstützung der Filmstiftung NRW wollen die Kinobetreiber parallel eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben.

Ist ein neues Zentrum für Filmkultur noch Zukunftsmusik, so können sich die Kölner Filminitiativen und Festivals nach Jahren des Arbeitens mit minimalen Budgets, dieses Jahr über eine deutliche Erhöhung der Zuwendungen durch die Stadt freuen. 150.000 Euro sind im diesjährigen Kulturhaushalt für den Film vorgesehen, in den letzten Jahren lag der Betrag meist zwischen 60.000 und 80.000 Euro. Gefördert wird von dem Geld neben den im Verein Kinoaktiv zusammengeschlossenen Initiativen, das Frauenfilmfestival, das Filmforum NRW und erstmals die Filmsociety sowie ein geplantes neues Festival für den Nachwuchsfilm. Außerdem sind Mittel vorgesehen für eine bessere Vernetzung und Außendarstellung der freien Filmszene in Köln.

Ein gemeinsamer Internetauftritt wäre ein erster Schritt für eine bessere Sichtbarkeit der Arbeit der Initiativen, deren über mehrere Kinos verteilte Angebote und teilweise nur rudimentär vorhandene Öffentlichkeitsarbeit bisweilen einige Detektivarbeit von interessierten Filmfreunden erfordert. So positiv die bessere Unterstützung der bestehenden freien Szene ist, sie kann kein echtes Zentrum für Filmkultur ersetzen, in dem auch die Filmgeschichte umfassend und mit klarem Profil präsentiert wird. Egal ob am Offenbachplatz oder am Ubierring, erst dann wäre die cineastische Grundversorgung der Stadt wieder hergestellt.