Nicht schön, aber praktisch: Neue Leihräder am Ring, Foto: Marcel Wurm

Esel außer Kontrolle

Leihfahrräder boomen. Köln erarbeitet nun Benimmregeln für ihre Anbieter

Die Neuen sind orange und kommen aus Dänemark. Seit Anfang April gibt es mit Donkey Republic einen dritten Anbieter von Leihfahrrädern in Köln. Der weltweit tätige Verleiher wird zunächst 150 Räder im öffentlichen Raum aufstellen, noch im Mai soll die Flotte auf 500 anwachsen. Die »Donkey Bikes« ergänzen das bestehende Angebot von KVB (1450 Leihräder) sowie Ford, das erst im vergangenen Oktober mit 1800 Rädern gestartet war. Weitere Anbieter könnten noch in diesem Jahr folgen. Der Markt boomt, die Nachfrage steigt.

 

Leihräder bieten Großstädten viele Vorteile. Sie können Menschen dazu bringen, für kurze Strecken aufs Auto zu verzichten. Die Räder werden als eigenständiges Verkehrsmittel genutzt oder als Ergänzung zu Bus und Bahn — auf der »letzten Meile« oder wenn sie in geringerem Takt fahren. Weniger Autofahrer wünscht sich jede Stadt; erst recht Köln, dessen Luft zu schmutzig, Innenstadt zu eng und Straßen zu voll sind. Doch der Ruf der vermeintlich praktischen Leihradsysteme, die durch Apps genutzt werden, ist angekratzt. Viele Kommunen hatten privaten Anbietern unbedarft das Feld überlassen, und schon bald häuften sich Beschwerden über zugestellte Gehwege und Vandalismus. Verantwortlich fühlte sich dafür nicht jeder der Verleiher.

 

Anfang des Jahres hat die Kölner Stadtverwaltung ein »Qualitäts-Agreement« vorgelegt. Wenn ein Anbieter seine Fahrräder im öffentlichen Raum aufstellen will, soll er Vorgaben berücksichtigen — »zur Qualitätswahrung und Akzeptanzsteigerung«. Die Verleiher müssen darin etwa zustimmen, dass die Räder stets fahrtüchtig sind oder Beschwerden umgehend bearbeiten. Auf der Grundlage dieses Abkommens erarbeitet die Verwaltung derzeit »einheitliche Regeln für alle Fahrradverleihsysteme«. Die Politik soll dann über einen Benimmkanon für Leihräder entscheiden. Doch die ersten Überlegungen der Stadt erregen Unmut.

 

»So wäre das eine vertane Chance«, sagt Regina Börschel, SPD-Vorsitzende der Bezirksvertretung Innenstadt. Sie will die Verwaltung in zwei wesentlichen Punkten zum Umdenken bewegen soll.

 

Zum einen bei Verbotszonen für feste oder virtuelle Leihstationen, wie sie Ford und nun auch Donkey Republic anbieten. Ansammlungen von bunten Drahteseln vertragen sich nicht mit den gestalterischen Richtlinien der Stadt, argumentiert die Verwaltung. Weil die Innenstadt stadtgestalterisch besonders sensibel behandelt werden müsse, sollen die Verbotszonen vor allem dort liegen. Das wiederum rief die dortigen Bezirkspolitiker auf den Plan. Sie fühlten sich von der Verwaltung übergangen, die der BV Innenstadt ihre Ideen nicht vorlegte.

 

»Man muss die Verkehrsträger vernetzen«, sagt Regina Börschel. Gerade an den Bahnhöfen und KVB-Umsteigepunkten in der Innenstadt müsse es leicht zu erreichende Ausleihpunkte geben. »Alles andere ist nicht im Sinne einer nachhaltigen Mobilität«, sagt Börschel. Wenn die Stadt Menschen dazu bringen wolle, sich auf den Sattel zu schwingen, »kann man denen nicht sagen, dass sie vom Bahnhofsvorplatz erst zum Breslauer Platz laufen müssen«, so Börschel. »Das macht niemand!«

 

Zum anderen stört sich die SPD daran, dass die Stadt nicht mehr als fünf Fahrräder an einer Stelle erlauben will. An beliebten Spots wird das nicht lange vorhalten. »Es muss realistisch sein, ein Rad zu erwischen, sonst ist das keine ernsthafte Alternative für den Alltag«, sagt Börschel. »Dann kann man die Idee gleich begraben.«