Harter Wirtschaftsfaktor: Raum13 in Mülheim, Foto: Marcel Wurm

Otto Normalkünstler

Im Mülheimer Süden wollen Kreative beim Umgang mit dem Industrieerbe mitreden

 

Der Strukturwandel schreitet voran. Auf einer Fläche im Mülheimer Süden, wo Nicolaus August Otto mit Carl Eugen Langen 1876 den Otto-Motor erfand, soll in den nächsten Jahren das Otto-Langen-Quartier entstehen. Die Stadt Köln und das Land NRW als Eigentümer stehen dabei vor einer Weichenstellung: die Entscheidung, wer das Areal entwickeln soll. NRW Urban, ein landeseigenes Unternehmen, das diese und andere Industriebrachen seit Jahrzehnten verwaltet, und die Kommune bereiten offenbar Gespräche vor. Eine Möglichkeit wäre, an eine städtische Gesellschaft zu verkaufen. Denkmalschützer und Kulturschaffende, lange Zeit die einzigen, die das Niemandsland interessierte, verfolgen die Vorbereitungen aufmerksam.

 

Viele andere Flächen im Mülheimer Süden wurden zu Höchstpreisen veräußert. Immobilienentwickler investieren Millionen, stellenweise bauen sie bereits. Stadt und Politik wollen zwar für die meisten Grundstücke das kooperative Baulandmodell durchsetzen, und damit etwa 30 Prozent geförderten Wohnraum. Eine weitere Grundlage bildet ein städtebauliches Rahmenkonzept, an dem auch Bürger beteiligt waren. Nach und nach werden diese Ideen als verbindliche Vorgaben vom Rat beschlossen. Für die künftigen Nutzungen dürften dennoch in den meisten Fällen die Renditeerwartungen bestimmend bleiben. Besondere Hoffnungen sind deshalb mit dem Otto-Langen-Quartier, das größtenteils in öffentlicher Hand ist, verbunden — offenbar nicht ganz zu unrecht. Das zeigen die Bemühungen von Denkmalschützern. Ohne eine Petition des Vereins Rheinische Industriekultur wäre von der Wirkungsstätte der Namensgeber wenig übrig geblieben. Die Forderung, Industriehallen aus ihrer Zeit zu erhalten, wurde im zuständigen Ratsausschuss einstimmig angenommen.

 

Weniger zuversichtlich ist dagegen Marc Leßle, einer der Betreiber des Raum13 und seit sieben Jahren im Gebiet. Das Gebäude, in dem sein Kulturprojekt residiert, wäre von dem geplanten Verkauf zwar nicht unmittelbar betroffen, weil es einem privaten Eigentümer gehört. Leßle plädiert aber dafür, die Kreativwirtschaft grundsätzlich stärker einzubeziehen, nicht nur, weil der Platz für Künstler in der Stadt immer knapper wird. Ganz Köln könnte von einer »Stadtentwicklung aus Sicht der Kunst« profitieren, ist er überzeugt. »Das ist längst auch ein harter Wirtschaftsfaktor.« 

 

Leßle wünscht sich ein Künstlerviertel wie etwa das Gängeviertel in Hamburg — im Eigentum der Kulturschaffenden. Das wäre Standortfaktor und nachhaltige Kulturförderung zugleich. Konkrete Ideen und Gespräche mit möglichen Förderern gebe es bereits, Interesse von Seiten der Stadt dagegen nicht ansatzweise. Leßle und Mitstreiter wollen ihr Verständnis von Stadtentwicklung trotzdem schon jetzt mit ihren langjährigen Besuchern und den Nutzern des Areals umsetzen. Sie laden ein zur transdisziplinären »Zukunftswerk Stadt« mit Veranstaltungen vom 5. Mai bis 3. Juni. 

 

www.raum13.com