Alleskönnerselbst­beschränkung

Wie man ein tolles Thema verschenkt: Peter Behrens im Museum für Angewandte Kunst

Alleskönner? Es klingt wie ein Angebertitel, aber es bringt es auf den Punkt: Dieser Peter Behrens (1868–1940) war tatsächlich ein vielfältig begabter, reflektierter, wandlungsfähiger Tausendsassa. Eine Schlüsselfigur des Jugendstils, ein Pionier des Industrie- und Corporate-Designs, zudem ein Architekt von Rang und noch einiges mehr. Zum 150. Geburtstag richtet das Museum für Angewandte Kunst einem der wichtigsten und anregendsten Gestalter der Zeit vor dem Bauhaus — dessen 100. wird 2019 zu begehen sein — eine »#alleskönner«-Ausstellung aus, die diesem verheißungsvollen Titel leider nicht gerecht wird. 

 

Köln teilt sich Behrens mit weiteren Ausstellungen in Oberhausen und Krefeld, so gibt es nur einen Teil-Behrens. Mit der Konzentration auf die Zeit bis 1914 ist die produktivste Zeit des als Maler ausgebildeten Künstlers berücksichtigt, aber selbst diese Ära bleibt undeutlich. Vorgestellt wird zunächst der Buchkünstler und Schriftgestalter, der Maler und Grafiker, der sich ab 1897 auch kunstgewerblichen Entwürfen widmet. Zu sehen sind Möbel, Besteck, Porzellan, Tisch-wäsche und Glasarbeiten, Prächtiges und Rares. Leider bleiben alle diese Dinge Einzelheiten. Nicht eine Abbildung zeigt die in allen Details gestalteten Räume des ab 1900 entstandenen exklusiven Gesamtkunstwerks »Haus Behrens« in Darmstadt — der ersten, gleich wegweisenden Bauarbeit des Architekturautodidakten — und macht den Zusammenhang, ja Zusammenklang der für diesen Ort geschaffenen Objekte anschaulich. 

 

Ähnliches gilt für Behrens’ Tätigkeit für AEG in Berlin ab 1907. Allenfalls angedeutet wird, wie er nach und nach höchst wirkungsvoll das Gesamterscheinungsbild des Konzerns gestaltet, vom Briefbogen über die Werbung bis zur Ladeneinrichtung. Darüber hinaus entwickelt Behrens funktionales Design für die Massenproduktion. An seinem ab 1909 gefertigten elektrischen Tee- und Wasserkessel hätten sich Idee und Praxis einer aus einem einzigen Grundentwurf entwickelten erfolgreichen Produktpalette deutlich machen lassen. Im MAKK aber sehen wir nur eine Reihe schöner Tee- und Wasser-kessel. Auf seine revolutionäre AEG-Turbinenfabrik wird lediglich in einem Wandtext hingewiesen. So bleibt diese mutlos präsentierte Ausstellung eine Andeutung. Sie vermittelt, trotz seltener und eindruckvoller Exponate, allenfalls eine Behrens-Ahnung.

 

Museum für Angewandte Kunst Köln, Di–So 10–18, bis 1.7. Zur Ausstellung sind fünf empfehlenswerte Themenhefte erschienen (jeweils 3,50 Euro)