Vergangenheiten, gegenwärtig

Douglas Gordons große Videoarbeit »k.364« im Düsseldorfer K20

Die Tür bleibt offen. So ist bereits im Foyer des K20 die Musik zu hören oder das Geratter eines fahrenden Zuges, selten eine Stimme. Die Tür zur Grabbe-Halle bleibt offen, so dringt etwas Museums-außenwelt, Außenweltlicht in die Dunkelheit dieses Riesensaals, -dessen Dimensionen eine gewisse Leere und Verlorenheit aufkommen lassen. Zumal sie aktuell mit lediglich zwei, in ausgetüfftelter Winkelung platzierten Projektionsflächen bestückt ist. Zu sehen, zu hören ist hier Douglas Gordons 2010 entstandene knapp einstündige Videoarbeit »k.364«. 

 

Die halbe Laufzeit nimmt Mo-zarts »Sinfonia Concertante für Violine, Viola und Orchester Es-Dur, KV 364« ein. Gordons von mehreren Kameras aufgezeichnete, jeder Fern-sehkonzertästhetik spottende Bilder konzentrieren sich ganz auf die bei-den Solisten, ihre Mimik beim Spiel, ihre Verständigungsblicke, die Hand-arbeit. Die Dirigentin ist kaum, das Orchester fast nie zu sehen. Unsichtbar bleibt das nur hörbare Publikum, der Aufführungsort in Warschau. Die übergroße Nähe zu den Musikern, der rücksichtslose Blick auf ihre Glück und Schmerz amalgamierende Selbstpreisgabe beim Musizieren irritieren und faszinieren ebenso wie die eigenartige Entkoppelung der Musik, die nicht aus der Richtung der Bilder kommt und doch zu ihnen gehört. 

 

So prägen Reibungen, Divergenzen und unaufgelöste Spannungen diesen Intensität und Schönheit klassi-scher Musik vermittelnden Teil von »k.364«. Ihm voraus gehen lakonische, oft allein von Geräuschen be-gleitete Bilder einer Bahnfahrt von Berlin nach Warschau. Diese Route wie auch die abendlich-nächt-liche Landschaft sind für die beiden reisenden israelischen Musiker asso--zi-iert mit der Verfolgung ihrer aus Polen stammenden Familien während der NS-Zeit. Knapp sind ihre Mitteilungen zu diesem Thema. Kür--zer noch und nur in wenigen, etwas kapriziösen Bildern geht es um die seit 1939 als Schwimmhalle missbrauchte Synagoge in Posen/Poznan. 

 

Douglas Gordon, 1966 in Glasgow geboren, ist sich der Heraus-forderung, die »k.364« darstellt, be-wusst. »Alles ist verschlüsselt, nichts wird wirklich erklärt. Deshalb sollte man es ein zweites Mal sehen«, sagt er. Dieses Wiedersehen könnte man mit dem Besuch der Anni-Al-bers--Ausstellung im gleichen Haus verbinden und das Werk einer großen Form-, Farb- und Web-Künstlerin entdecken, die am Bauhaus lernte und lehrte und nach ihrer Emigration in die USA am legendären Black Mountain College unterrichtete.  

 

 

 

K20, Grabbeplatz 5, Düsseldorf, Di –Fr 10–18, Sa/So 11–18, jeden ersten Mi im Monat 10–22 Uhr Douglas Gordon bis 19.8. (Eintritt frei!); Anni Albers 9.6.–9.9.