Schwarm der Hipster

Einerseits schwirren sie in den Biergärten um die Gläser und machen die Gäste verrückt. Andererseits entspannen sich Hipster mit Honigbienen — als Hobby-Imker. Ganze Buchkaufhaus-Regale widmen sich dem Trend. Die Biene ist jedoch auch dermaßen gegenwärtig, weil sie dem Widerstand gegen ökologische Zerstörung als Wappentier taugt. Das Bienensterben hat Ozonloch und Gletscherschmelze als Horror beerbt, und das Schlagwort vom silent spring, dem stummen Frühling, ist zurück. Es stammt aus dem gleichnamigen Bestseller der Biologin Rachel Carson vom Anfang der 60er Jahre, einer Gründungsurkunde der modernen Umweltbewegung.

 

Unter Öko-Aktivisten galt bislang, dass Kampagnen schwierig sind, wenn die schutzbedürftigen Tiere nicht niedlich sind. Bedrohte Robbenbabys rühren uns — aber Insekten? Ausgerechnet der Allergiker--Schreck Biene schafft das dennoch. Zurecht sind Menschen besorgt über das Bienensterben, das nur Teil eines umfassenden Insektensterbens ist. Der Kampf dagegen nimmt Fahrt auf. Bei Rachel Carson ging es noch gegen das Pflanzenschutzmittel DDT. Nun kämpft man gegen die noch schlimmeren Neonicotinoide.

 

Schon verteilt die Stadt Köln Tütchen mit Samen, um Wildbienen anzusiedeln. Aber auch die Ho-nig-biene gilt als bedroht, in Köln gibt es bereits eine »Honig Connection«. Nicht alle Bienenforscher sehen schwarz, aber dass die industrielle Landwirtschaft den Planeten ruiniert, wird keiner bestreiten.

 

Wenn nun Trendsetter mit Refraktometer und Honigschleuder hantieren, geht es ihnen aber nicht nur um die Rettung der Welt — sondern auch um leckeren Honig. Hoppla! Dabei ist Imkern nicht mal vegan! Zwar stieg in Deutschland der Honigverzehr im vergangenen Jahr um 15 Prozent. Doch ist Honig für die meisten immer noch das, was man isst, wenn die Marmelade alle ist. Man träufelt wohl mal Honig über den Ziegenkäse oder schmeckt Salatsaucen damit ab — bloß, mit welchem? In vielen Rezepten gibt es keine Angabe. Über Sorten sind wir kaum informiert.

 

Aber: Es gibt ein verkanntes Getränk, mit dem wir Honig kulinarisch erkunden können: Heiße Milch — mit mildem Akazien-, feinem Linden- oder malzigem Kasta-nienhonig. Man braucht keine Raritäten wie Caa-Tay, um sich für dieses pairing zu begeistern. Milch und Honig stehen nicht ohne Grund im Schlaraffenland täglich auf dem Speiseplan. Und dass das Schlaraffenland nicht vegan ist, zeigt, dass man es ebenso wenig mit dem Paradies gleichsetzen sollte wie unsere Industrienationen.