Korb für den Spitzensport

Für Bundesligasport fehlt in Köln seit Jahren eine Halle. Jetzt müssen sogar Teams absteigen

 

Mit sportlichen Abstiegen kennt man sich aus in Köln. Diesmal aber liegen die Dinge anders: Nach ihrem Saisonende im Mai haben die Rheinstars Köln, die besten Basketballer der Stadt, bekanntgegeben, sich von der zweiten in die dritte Liga zurückzuziehen, obwohl dafür sportlich keine Notwendigkeit bestanden hätte. Einen Monat zuvor hatten sich bereits die Volleyballerinnen vom DSHS Snowtrex Köln dazu entschieden, eine Spielklasse tiefer anzutreten, als sie eigentlich müssten. Zum zweiten Mal war die Mannschaft aus Junkersdorf Meister in der 2. Bundesliga geworden, erneut verzichtete sie auf den damit verbundenen Aufstieg. Anders als die Fußballer vom 1. FC Köln befinden sich die Basketballer und Volleyballerinnen nicht in einer sportlichen Krise. Köln hat für ihre Erfordernisse schlicht keine passende Sporthalle.

 

Die Lanxess-Arena ist mit einer Kapazität von bis zu 18.000 Zuschauern für Sportarten wie Volleyball und Basketball nicht nur überdimensioniert, sondern auch zu teuer. Unterhalb der Deutzer Arena, in der die Kölner Haie ihre Eishockey-Spiele austragen und einmal im Jahr das Endspielturnier der Handball-Champions-League stattfindet, klafft eine große Lücke: Die Sporthalle des ASV Köln in Junkersdorf fasst kaum 900 Zuschauer, die größte städtische Indoor-Sportstätte im Nippeser Tälchen 750 Zuschauer. Die Statuten für eine Bundesliga-Lizenz sehen in den meisten Sportarten allerdings vor, dass man eine vierstellige Zuschauerzahl unterbringen kann.

 

»Der Kölner Sport ist zwar vielfältig, aber nicht wettbewerbsfähig«, schreibt Jens Koralewski in einer Petition, die bis Mitte Juni knapp 3400 Menschen unterzeichnet haben. Koralewski ist bei den Rheinstars für die Medienarbeit zuständig, betont aber, dass er die Unterschriften privat sammele. »Wir brauchen eine bundesligataugliche Sportstätte für alle Hallensportarten«, sagt er. Das Problem ist nur: Jetzt, wo die Probleme akut sind, gibt es keine schnelle Lösung mehr. »Aber man muss irgendwann den ersten Schritt machen«, sagt Koralewski. »Wir wollen positiven Druck auf die Stadt und die Politik ausüben.«

 

Ein Adressat von Koralewskis Petition ist Gregor Timmer. Dem Leiter des Sportamts sind die Defizite längst bekannt. Köln, erklärt Timmer, benötige geeignete Infrastruktur, »um den Spielbetrieb wettkampfgerecht und mit entsprechendem Zuschauervolumen ausführen zu können«. Sein Amt habe Bedarf an einer »reinen Sporthalle mit einem Zuschauervolumen von circa 3000 Plätzen« analysiert. Denn egal ob Volleyballerinnen oder Basketballer, Handballerinnen oder Turner: Platz für Zuschauer müssen sie alle vorweisen.

 

Darüber hinaus werden die Anforderungen vielfältiger, teilweise sind sie gar schwierig miteinander zu vereinbaren. Volleyball etwa braucht eine hohe Halle, Turnen massive Bodenverankerungen. Trotzdem strebt die Stadt eine Sportstätte mit »multifunktionaler Nutzung« an, sagt Sportamtschef Timmer. Denn zum einen handelt es sich um ein Millionenprojekt, zum anderen birgt Spitzensport immer das Risiko, nicht langfristig planbar zu sein.Das sei auch in der Vergangenheit eine Schwierigkeit gewesen: »Der Druck, etwas machen zu müssen, war nicht dauerhaft da, weil in verschiedenen Sportarten Mannschaften aufgekommen und wieder verschwunden sind«, sagt auch Peter Kron (SPD), Vorsitzender des Sportausschusses. Nun herrscht in der Kölner Politik fraktionsübergreifend Einigkeit: Es muss etwas passieren.

 

Wo und wie ist jedoch unklar. Konkrete Überlegungen gibt es derzeit nur für das Radstadion Köln in Junkersdorf. Als eine von vier Städten in NRW hat sich Köln für einen Olympiastützpunkt im Bahnradsport beworben. Erhält Köln den Zuschlag, bekommt die Stadt Fördergelder vom Bund für einen Umbau. Das offene Stadion würde zu einer geschlossenen Halle. Neben dem Radsport bliebe Platz für weitere Nutzungen, etwa im Innenraum der Radrennbahn. In diesem Jahr wird die Entscheidung über den Standort des Radsportzentrums erwartet. Sie wird in Köln auch über die Pläne für eine Multifunktionssporthalle entscheiden.

 

Gleichzeitig prüft die Stadt mögliche Orte für einen Neubau. Eine neue Sporthalle mit dem notwendigen Anforderungsprofil könnte in den Sportentwicklungsplan einfließen, den Köln derzeit erarbeitet und der Anfang 2019 vorliegen soll. Doch Gregor Timmer vom Sportamt sagt auch: »Wir handeln im Interesse aller Menschen, die in Köln Sport treiben.« Der Spitzensport, gerade der Profisport, sei zwar ein prominenter, aber eben auch nur ein Teil der sportlichen Aktivitäten in Köln. Außerdem überlege die Stadt, im Rahmen der geplanten Schulneubauten in den nächsten Jahren Sporthallen mit »spezieller Nutzung« für bestimmte Sportarten zu bauen, erklärt Timmer: »Wir suchen nach intelligenten Lösungen.« Mit denen ist im Sport schließlich noch niemand abgestiegen.