Mehr ist mehr

Mit seinem Ein-Mann-Projekt Dissolver baut Roman Biewer üppige Shoegaze-Paläste

Auf YouTube gibt es einen wundervollen Clip, in dem sich der Gitarren-Hexer Yngwie Malmsteen zum Thema Minimalismus äußert: »Die Leute haben mir ständig gesagt, weniger sei mehr. Da habe ich immer geantwortet: Wie soll das denn gehen? Wie kann weniger mehr sein? Das ist unmöglich. Mehr ist mehr!« Diese Erkenntnis hat sich offenbar auch der Kölner Musiker Roman Biewer zu eigen gemacht. Mit seinem Projekt Dissolver frönt er zwar nicht dem virtuosen Metal-Solo, dennoch setzt auch er mit seinen Gitarrenarrangements auf den maximalen Eindruck. 

 

Stilistisch ist Dissolver klar dem Shoegaze zuzuordnen, einem Genre, das in den späten 80er und frühen 90er Jahren geprägt wurde von Bands wie My Bloody Valentine, Ride oder Jesus and Mary Chain. Poppiges Songwriting mit weichen Melodien trifft auf verwaschene, übersteuerte und vielfach geschichtete Gitarren, wodurch ein sentimental-entrückter, auf brachiale Weise introvertierter Klangkosmos entsteht. Nun ist Dissolver aber keine Band, sondern ein Ein-Mann-Projekt. Deshalb setzt Biewer beim Errichten seiner Klangwände auf allerhand Technik, was vor allem live ganz schön anspruchsvoll werden kann, wie der ursprünglich aus dem Saarland stammende Anfang-40er erklärt: »Ich muss viel Proben und sehr viel Equipment zu den Gigs schleppen. Aus dem Rechner kommen Beats und zusätzliche Spuren, die ich mit Fußtastern individuell abrufen kann. Synchron dazu füttere ich mit meiner Gitarre mehrere Looper, die dann in bis zu vier Amps gehen.« Die Hauptherausforderung dabei sei, beim Spielen trotzdem möglichst wenig an die Technik zu denken. Nachvollziehbar.

 

Die E-Gitarre hat es Biewer seit jeher angetan. In der Jugend spielte er in Metal-Bands, später ging es eher in Richtung Indie-Rock: »Ich habe Shoegazeerst in den letzten fünf Jahre für mich entdeckt. Extreme E-Gitarrensounds sind meine Leidenschaft, ich mag auch AC/DC oder Black Sabbath, selbst wenn sich da Indiepuristen die Fußnägel aufrollen mögen.« 

 

Auch wenn die beiden Songs seiner ersten EP nach lupenreinem Shoegaze klingen mögen —
als reine Fanmusik möchte Biewer seinen Ansatz nicht verstanden wissen: »Wenn einen der Sound an eine Band erinnert, die ich sehr schätze, würde ich mich geehrt fühlen. Wenn man allerdings sagst: Der Song klingt genau wie ein anderer, wäre ich beleidigt.« Der stilistische Findungsprozess ist mit diesen ersten zehn Minuten Musik noch längst nicht abgeschlossen. Dass Roman Biewer vom Fach ist, beweist er aber mit Nachdruck. Wir fiebern seinem Album entgegen!

 

 

 

»Dissolving/Parc Studies« gibt es als Download unter dissolver.bandcamp.com und kann in den gängigen Portalen gestreamt werden.

 

Infos: facebook.com/dissolvercgn