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Echt, echter, öffentlich-rechtlich! Das WDR-Fernsehen versucht auch in diesem Sommer wieder die totale Jugendoffensive. Nichts leichter als das, sollte man meinen, man muss doch nur unter den bisherigen Altersdurchschnitt kommen. Der beträgt 61 Jahre, und sehr viele Menschen sind nachweislich jünger. Die neue WDR-Parole lautet »echt«: Unter dieser kreuzt zum Beispiel eine »intime Talkshow« mit dem Titel 100 % gefühlsecht – eine Mischung aus Liebe Sünde und nachmittäglichen Schmuddeltalkshows. Das Magazin Echtzeit ist Monitor im Focus-Redaktionskonferenz-Werbespot-Design, und In echt verliebt ist eine Dating-Show, die auch bei MTV im Anschluss an Dismissed laufen könnte, wenn es nur um gut geschliffene Kurven ginge. Doch Kandidat Joe aus Tansania sucht beim WDR eine Traumfrau, »die auch kulturell gut geschliffen ist«. Echt, echter, Ächtz, möchte man stöhnen, oder krass korrekt. Doch haben die Sendungen ohnehin wohl nur die Überlebenschance eines Kolibris im Ölteppich – denn der junge Mensch wird sie mehrheitlich nie kennenlernen, weil er ihren Sender nicht kennt. Und die Chance, ihn kennen zu lernen, bekommt er nicht – so schnell wie solche echten Sendungen traditionell wieder verschwinden.

285 x 400 Milimeter, das sind die Maße der Hoffnung des Herausgeberrats der Frankfurter Rundschau. Dessen Vorsitzender ist der Kölner Verleger Alfred Neven DuMont, der ziemlich genau ein Jahr nach Kauf des Blattes unter dieser Bezeichnung nun Eingang ins Impressum gefunden hat, »um die publizistische Bedeutung seines Engagements zu verdeutlichen«, wie es hieß. Anlass war die Umstellung der Zeitung, bei der drastisch Stellen gestrichen wurden und noch werden, auf jenes modernere Tabloid-Format, für das DuMont gern auch den Begriff »halbes Format« verwendet. Womit er freilich nur die neuen, handlichen Ausmaße meint, die eine angenehmere Lektüre »im Zug, im Bus, ja sogar im Bett« ermöglichen sollen. Wer je die Zeit auf der Toilette las, weiß in der Tat, wovon der Mann spricht. Züge, Busse und Betten sind der natürliche Lebensraum des – genau! – jüngeren Menschen, und der soll mit DuMonts zweitem Tabloid-Versuch nach dem gescheiterten Kölner Experiment Direkt nicht nur im Frankfurter Raum fürs Blatt begeistert werden. Sollte der Versuch glücken und Auflagen und Anzeigenaufkommen steigen, könnte es auch in Köln beizeiten wieder einen neuen Anlauf in Sachen komfortabler Bettlektüre geben.

Wie vielen Menschen in Köln wird dieses Blatt ins Haus flattern? Es heißt Rich, wendet sich ausschließlich an Millionäre und ist deshalb kostenlos. Christian Geltenpoth gibt das Blatt heraus, das im neutralen Umschlag wie ein Erotik-Katalog in die Briefkästen der solventen Klientel kommt. Geltenpoth weiß, wie viel Sozialneid beim Nachbarn sonst aufkommt: Er ist selbst Millionär, seit er als Teenager die pfiffige Idee hatte, Computermagazinen Disketten beizulegen. Inhaltlich geht´s um Mittel und Wege, das viele Geld zu vermehren und auszugeben für den üblichen Luxus-Trödel. Als Berater konnte Geltenpoth den österreichisch-kölschen Medienalchemisten Helmuth Thoma gewinnen – und als Kolumnisten den verschollen geglaubten, pfeiferauchenden Reichenversteher Björn Engholm.