Nächster Schritt: Einschulung? Eltern beklagen zu wenig Mitsprache I Foto: Pixabay

Glaubenskonflikt Schulreife

Der 30. September gilt in Nordrhein-Westfalen als jährlicher Stichtag: Alle Kinder, die bis zu diesem Datum sechs Jahre alt sind, gelten als schulpflichtig. Ausnahmen gibt es erst einmal keine. Oder etwa doch? Im Oktober 2017 gab NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) »präzisierende Hinweise« heraus — als Reaktion darauf, dass viele Eltern über zu wenig Mitspracherecht geklagt hatten. Künftig sollen auch die von Eltern vorgelegten Stellungnahmen von Fachärzten und Therapeuten bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Bis dahin galten nur die Gutachten der Amtsärzte.

 

Laut Neuregelung müssen »erhebliche Anhaltspunkte« in den Stellungnahmen genannt werden, die belegen, dass ein Kind aus gesundheitlichen oder sogenannten präventiven Gründen später eingeschult werden sollte, etwa wenn Überforderung drohe. Die endgültige Entscheidung trifft dann die Schulleitung. Die Neuregelung ist Teil des Koalitionsvertrags zwischen CDU und FDP.

 

Mehr Mitsprache für Eltern, gerade wenn es um ein so bedeutendes Ereignis wie die Einschulung geht — das klingt erst einmal sinnvoll. Doch wie praktikabel ist der Weg über Kinderärzte und Therapeuten in der Realität?

 

In Eltern-Foren wird die Neuregelung auch rund ein Jahr nach ihrer Einführung noch kontrovers diskutiert: Kann ein Kind wirklich davon profitieren, noch ein weiteres Jahr in der Kita zu bleiben, -während sich die Peers schon mit Schulranzen und Schultüte auf das Ende der Sommerferien freuen? Die Diskussion über diese Fragen wird zum ultimativen Glaubenskonflikt stilisiert. Anwälte warnen gar, dass Argumente für eine Rückstellung als sonderpädagogischer Förderbedarf gewertet werden könnten. Der Elternverband NRW, der die Neuregelung grundsätzlich begrüßt, fordert daher eine Übergangslösung. Sie ist simpel und lautet: ein Vorschuljahr für alle Kinder, die noch nicht schulreif sind.